Lebenskunst 25.12.2020, Josef Marketz

Bibelessay zu Lukas 2,1-14

Mit gemischten Gefühlen sind in diesem Jahr viele Menschen den Weg auf Weihnachten hin gegangen: Die Freude auf die stille, Heilige Nacht hielt sich in Grenzen.

Die Ungewissheit in Bezug auf die Gestaltung der traditionellen Familienfeier war zu groß, gepaart mit der Angst vor Infektion mit dem Coronavirus, der Unmöglichkeit, die richtigen Geschenke zu kaufen … und überhaupt, alles war irgendwie anders als sonst.

Josef Marketz
ist Bischof der katholischen Diözese Gurk-Klagenfurt

Alles anders als sonst

Eigentlich radikal anders und gerade deswegen der Heiligen Nacht, wie sie Lukas sehr sachlich und emotionslos schildert, viel ähnlicher als die gewohnten gemütlichen Familienfeste.

Markus hatte die Ereignisse jener Nacht in seinem Evangelium gar nicht erwähnt – zu wichtig war ihm die Botschaft vom Reich Gottes, die Jesus von Nazareth mit Worten und Wundertaten verkündet hatte. Aber bald sehnten sich die Christinnen und Christen nach einer Schilderung dessen, was man sich über die Geburt Jesu in Bethlehem erzählte und Lukas wollte in seinem Evangelium zumindest die bekannten Traditionen mit seiner Heilsbotschaft verbinden. Und er beschreibt eine Idylle, aber eben anderer Art.

Lebenskunst
Freitag, 25.12.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Diese Heilige Nacht ereignet sich

Er erzählt: Gott wird Teil seiner Schöpfung und kommt als Mensch wie du und ich in diese Welt. Er verzichtet auf alle Statussymbole und Annehmlichkeiten, er wählt das radikal andere – das veränderte, oder sagen wir es ruhig, revolutionierte die Welt. Dort, wo als erstes die Hirten und die Gottsucher hinkommen, da ist er tatsächlich zu finden. Nicht im Palast des Kaisers Augustus, sondern in der Armut eines Stalls beginnt sein Menschenleben, ohne Verwandte seiner Eltern, ohne Geschenke und doch ist es gemütlich, als die Gottesboten, die Engel – und die Hirten sich um die kleine, auch etwas andere Familie drängten. In aller Einfachheit des Lebens und so bis heute für alle Lebenssituationen anschlussfähig.

Deshalb dürfen Menschen im Blick auf Weihnachten – gleich was sie heute Nacht erlebt haben, gleich wo sie sind – sagen: Diese Heilige Nacht ereignet sich, allein zu Hause vor einer Kerze oder im Kreise der Familie, von Freunden; mit Anlass zur Trauer oder vergnügt und unbeschwert, schlicht oder festlich gestimmt. Und sie verkündet eine große Freude: Dem ganzen Volk ist ein Retter geboren. Jemand, der neue Wege aufzeigt und davon erzählen wird, dass die Menschen einen Vater haben, dass sie also Geschwister – eine (wenn auch ziemlich große) Familie – sind.