LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen 10.1.2021

Hinter jeder Krise steht auch eine Chance

Neujahrsspaziergang mit Arnold Mettnitzer | Frauenbilder des islamischen Mystikers Rumi | Das Leitmotiv Viktor Frankls neu gelesen | Bibelessay von Helga Kohler-Spiegel

Tugend Hoffnung – Neujahrsspaziergang mit dem Theologen und Psychotherapeuten Arnold Mettnitzer

Kerzen und Blumen, größere und kleinere Zettel mit Botschaften: Auch mehr als zwei Monate nach dem Terroranschlag im Zentrum von Wien sind die Stellen, an denen Menschen am 2. November 2020 verletzt und getötet wurden, Orte der Erinnerung und des Gedenkens. An jenem Abend fielen gegen 20 Uhr die ersten Schüsse in der Seitenstettengasse, im sogenannten „Bermudadreieck“, einem belebten und beliebten Lokalviertel in der Innenstadt.

Lebenskunst
Sonntag, 10.1.2021, 7.05 Uhr, Ö1

Doch hier befinden sich auch der „Stadttempel“, die Hauptsynagoge von Wien, und die Ruprechtskirche, die älteste noch bestehende Kirche der Bundeshauptstadt. Seit dem terroristischen Akt durch einen Sympathisanten des sogenannten „Islamischen Staats“ IS wurde die Security vor dem Stadttempel erhöht, ist die Tür der Ruprechtskirche versperrt. Was bleibt noch von dieser Terrornacht? Und wie hat sie Menschen verändert, insbesondere in der Zeit einer Pandemie? Maria Harmer hat den katholischen Theologen und Psychotherapeuten Arnold Mettnitzer am Anfang des neuen Jahres bei einem Besuch der Orte des Gedenkens begleitet und sich mit ihm zusammen die Tür der Ruprechtskirche aufsperren lassen, die dem in Wien lebenden Kärntner aus mehreren Gründen viel bedeutet.

Ein Krug klaren Wassers in der Wüste – Frauenbilder des islamischen Mystikers Rumi

Literaturhinweise

Traumbild des Herzens: Hundert Vierzeiler. Dschalaluddin Rumi, Übersetzt von Johann Christoph Bürgel. Manesse, 2005.

Rumi, Gedichte aus dem Diwan. J. Chr. Bürgel (Hg.), Dschalaluddin Rumi (Autor), C.H. Beck, 2016.

Die schönsten Gedichte aus dem klassischen Persien. C. Atabay, K. Scharf et al. (Hg.), C.H. Beck, 2015

Auch in der Welt des Islam waren die großen Dichter, Philosophen und Literaten der klassischen Periode geprägt von den sozialen Verhältnissen und der patriarchalen Gesellschaft ihrer Zeit. Ihr Verhältnis zum weiblichen Geschlecht und das Frauenbild, das in ihren Werken erkennbar wird, sind vor dem damaligen sozio-kulturellen Hintergrund zu sehen.

Doch wie etwa das Beispiel des persisch-türkischen Mystikers Rumi aus dem 13. Jahrhundert zeigt, gibt es verschiedene Perspektiven, und so entsteht ein differenziertes Bild mit oft überraschenden Facetten. Lise Abid hat mit der iranischen Literaturwissenschaftlerin Nasrin Faghih darüber gesprochen.

„Hinter jeder Krise steht auch eine Chance“ – Das Leitmotiv Viktor Frankls neu gelesen

Die Sinnlehre des Wiener Neurologen und Psychiaters Viktor Frankl (1905-1997) ist, wie es scheint, gerade wieder besonders aktuell. Denn in all der Unplanbarkeit, der schmerzhaften Erfahrung der Verwundbarkeit und der eigenen Endlichkeit drängt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens sehr deutlich auf. Viktor Frankl hat sich ein langes Leben lang mit der Sinnfrage beschäftigt. Der Neurologe und Psychiater jüdischer Herkunft überlebte während der Zeit des Nationalsozialismus mehrere Konzentrationslager. Seine Frau, sein ungeborenes Kind, seine Eltern, sein Bruder – sie alle überlebten die Shoah nicht. Viktor Frankl gilt neben Sigmund Freud und Alfred Adler als Begründer der dritten Schule der Wiener Psychotherapie. „Wer um einen Sinn seines Lebens weiß, dem verhilft dieses Bewusstsein mehr als alles andere dazu, äußere Schwierigkeiten und innere Beschwerden zu überwinden“, so lautete das Credo des im Jahr 1997 verstorbenen Begründers der Logotherapie und Existenzanalyse.

Direkt neben jener Wohnung, in der Frankl über 50 Jahre lebte und arbeitete, befindet sich der Sitz des Viktor Frankl Zentrums. Und vor bald sechs Jahren wurde dort auch das weltweit erste Viktor Frankl Museum in Erinnerung an den insbesondere durch sein Buch „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ weltweit bekannten Psychiater gegründet. Die Vorständin des Viktor Frankl Zentrums, Elisabeth Gruber, führt Maria Harmer durch diese historischen Räume und erklärt an Hand von Zitaten und Exponaten, warum Frankls Lehre gerade in Krisenzeiten von besonderer Relevanz ist und wie sie Menschen stärken und ermutigen kann.

Ermutigt und gestärkt – Bibelessay zu Markus 1,7-11

Mit dem Fest der „Taufe Jesu“, das die Westkirche immer am ersten Sonntag nach Dreikönig begeht, findet – aus christlicher Perspektive – die Weihnachtszeit einen ersten Abschluss. Es geht also wieder in den Alltag, meint die Theologin und Psychotherapeutin Helga Kohler-Spiegel aus Feldkirch in Vorarlberg. Aus dem für diesen Tag vorgesehen Bibeltext, aufgeschrieben im Neuen Testament bei Markus, lasse sich freilich etwas Stärkendes in den Alltag mitnehmen: Als Jesus sich vom jüdischen Bußprediger und Umkehrpropheten Johannes in den Jordan eintauchen ließ und wieder auftauchte, sah er den Himmel offen und fühlte sich von göttlicher Kraft und Zusage gestärkt. Eine essenzielle und existentielle Ermutigung, die allen Menschen gelte.

Bibelessay zu Markus 1,7-11

Moderation: Brigitte Krautgartner
Redaktion: Doris Appel