Bedrängnis lesbischer Frauen

Schon in jungen Jahren las sie „The Human Mind“ von Karl Menninger. Das psychiatrische Sachbuch erschien 1930, wurde ein Bestseller. Menninger lehnte darin den Begriff von „Normalität“ ab. Derselbe Psychiater freilich handelte Homosexualität von Frauen wie Satanismus und Pädophilie als „Perversionen von Affekt und Neigung“ ab. Als Patricia Highsmith, die am 19. Jänner 1921 in Texas geboren wurde, heranwuchs, galten lesbische Frauen gar als „monströs“.

Einsamkeit, Scham und Stolz

Kein Wunder, dass die lesbische Schriftstellerin ihren Roman „Salz und sein Preis“ 1952, also mitten in der McCarthy-Ära, nur unter Pseudonym veröffentlichte. Erst 1990 wird der Roman unter dem Titel „Carol“ und ihrem eigenen Namen erscheinen. Die Autorin thematisiert darin die Bedrängnis lesbischer Frauen, den Zwang zu Scham und Verdrängung. Monatelang erhielt sie nach Erscheinen des Romans Briefe von Leserinnen, die sich mit ihren Gefühlen alleine und von der Gesellschaft ausgestoßen fühlten.

Viele ihrer Erzählungen handeln von Sublimierung und Verdrängung, und Patricia Highsmith setzt dafür stets starke Bilder ein. Schnecken etwa, in der subtilen Erzählung „Der Schneckenforscher“.

„Fast jeder Mensch in dieser Welt ist stolz auf seinen scharfen Verstand, seine Großherzigkeit, seine Freundlichkeit, seine Klugheit, in der irrealen Unverletzlichkeit seines Arbeitszimmers“, notiert Highsmith 1940. „Aber jeder Mensch zieht seine Rüstung an, wenn er in die Welt hinausgeht, panzert sein Herz und sichert seinen Mund … Im Herzen jedes Menschen sitzen Einsamkeit und Scham und Stolz.“

Buchhinweise:

• Patricia Highsmith, „Salz und sein Preis“, Verlag Diogenes
• Patricia Highsmith, „Der Schneckenforscher“, Verlag Diogenes
• Andrew Wilson, „Schöner Schatten. Das Leben von Patricia Highsmith“, Berlin Verlag

Musik:

Filmorchester unter der Leitung von Carter Burwell: „Opening“ aus: CAROL / Original Filmmusik von Carter Burwell
Label: Varese Sarabande 302067380B / Universal