Donnerstag, 4.2.2021, Thomas Hennefeld

Von der Freude am Nutzlosen

Nicht nur im Berufsleben ist es immer wieder notwendig, Kosten-Nutzen-Rechnungen anzustellen. Oder zumindest vermeintlich notwendig.

Kurt Marti, der dieser Tage seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, war nicht nur ein wortgewaltiger Prediger und Dichter, sondern er setzte sich auch ein für eine lebenswerte Umwelt, und er kritisierte den Umgang mit ihr. Das wird beim folgenden Zitat deutlich: „Unerbittlich zerstören Nutzen und Nutzung diesen Planeten. Das Nutzlose allein hat noch Erbarmen mit uns.“

Thomas Hennefeld
ist Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

Am Schönen erfreuen

Wir leben in einer Welt des Nützlichkeitswahns. Alles muss nicht nur Sinn, sondern vor allem Nutzen haben. Wir sprechen davon, das oder jenes sei unnütz, zu nichts mehr zu gebrauchen. In vielen Menschen ist das ein eingespieltes Muster und hat sich in unsere Gehirne eingebrannt: Was nützt und was nicht. Aber genau dieses Nützlichkeitsdenken, so beobachtet es Marti, kann ausgesprochen zerstörerisch sein. Nutzen bringt, was Profit abwirft, was das Leben bequemer macht und was das Wirtschaftswachstum steigert. Mit vielem, was uns so nützlich erscheint, produzieren wir Müll, verpesten wir die Luft und vergiften das Wasser.

Eine Zukunft wird es nur geben, wenn wir nicht immer an den Nutzen denken, uns nicht alles aneignen wollen und dann erst wieder wegwerfen, sondern uns am Schönen einfach nur erfreuen können: an einem blühenden Baum, einem bewegenden Musikstück oder einem hellen Kinderlachen.