Freitag, 5.2.2021, Thomas Hennefeld

Fragwürdiges Leistungsdenken

Freitag – das Wochenende steht vor der Tür. Einmal noch fleißig sein, einmal noch Leistung zeigen vor der wohlverdienten Entspannung. Aber: Was hat es mit dem Leistungsdenken eigentlich auf sich?

Der Dichter und Pfarrer Kurt Marti wäre diese Woche 100 Jahre alt geworden. Als evangelisch-reformierter Theologe war es ihm selbstverständlich, Machtstrukturen und Hierarchien zu hinterfragen. Das Gerede von den Leistungsträgern nervte ihn. Mit einem kleinen Zitat relativiert und unterminiert er diese Wertvorstellung von den Leistungsträgern, wenn er schreibt: „Das Gerede von den Leistungsträgern belebt die Möbelträger, die Briefträger, die Gepäckträger.“

Thomas Hennefeld
ist Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

Alle Menschen sind gleichwertig

Unter Leistungsträger versteht man selten Menschen, die einfache Arbeiten verrichten, die wirklich etwas im buchstäblichen Sinn tragen müssen, sondern Wirtschaftseliten und Führungskräfte aller Art. Wer trägt da was? Und wer trägt wozu bei? In der Corona-Pandemie, besonders im Frühjahr während des ersten Lockdowns hat man den anderen Leistungsträgerinnen und -trägern applaudiert, denen, die dafür gesorgt haben, dass das Leben aufrechterhalten werden konnte: Spitals-, und Reinigungspersonal und Kassiererinnen im Supermarkt, die aber so entlohnt werden, als wäre ihre Arbeit wenig wert.

Vor Gott aber sind alle Menschen gleich oder besser gleichwertig. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der Menschen danach beurteilt werden, was sie zum Allgemeinwohl beitragen und auch danach entlohnt werden.