Zwischenruf 14.2.2021, Jutta Henner

Liebe in der Bibel

Heute ist nicht nur Faschingssonntag, es ist auch Valentinstag. Geschenke für einen geliebten Menschen oder ein Abend zu zweit sind auch heuer möglich.

Benannt nach dem Märtyrer Valentin, der – so jedenfalls die Legende – im 3. Jahrhundert trotz Verbots Soldaten, denen das Heiraten verboten war, getraut haben und den Paaren Blumen geschenkt haben soll. Um Liebe und Romantik geht es jedenfalls am Valentinstag.

Jutta Henner
ist evangelische Theologin und Direktorin der Österreichischen Bibelgesellschaft

Hohelied der Liebe

Der Valentinstag ist ein reizvoller Anlass, in der Bibel auf Spurensuche nach der Liebe und nach dem, was dort über sie erzählt wird, zu gehen – schließlich ist in der Bibel mehr als 350 Mal von „Liebe“ die Rede!

Ein ganzes Buch der Bibel dreht sich um nichts anderes als um Liebe und Leidenschaft, um Begehren und Lust, um das staunende Entdecken des anderen: das Hohelied der Liebe. Zwei Verliebte in einem Garten verstecken sich und suchen einander, sie besingen, was den anderen so schön und wunderbar, so liebens- und begehrenswert macht: „Wie schön und lieblich bist du, du Liebe voller Wonne!… Mein Freund ist mein und nach mir steht sein Verlangen. Kommt, mein Freund, lass uns aufs Feld hinausgehen und unter Zyperblumen die Nacht verbringen, dass wir früh aufbrechen zu den Weinbergen und sehen, ob der Weinstock sprosst und seine Blüten aufgehen, ob die Granatbäume blühen. Da will ich dir meine Liebe schenken.“ (Hhld 7, 11-13) (398 ZZ) Deutlich ist: Hier geht es um Liebe, die den ganzen Menschen betrifft.

Leben in Beziehungen

In der Bibel wird nicht nur von erwachender, romantischer Liebe erzählt, sondern auch vom gemeinsamen Weg durchs Leben. Natürlich auch vom Scheitern von Beziehungen – meist ist Unaufrichtigkeit dafür verantwortlich. Aber die Bibel kennt nicht nur Paarbeziehungen: Ich könnte auch auf die Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern verweisen, auf die Vertrautheit zwischen nahen Verwandten oder auf tiefe Freundschaften, die sich auch in schwieriger Situation bewähren. Auch diese Formen der Liebe sind der Bibel wohl bekannt.

Zwischenruf
Sonntag, 14.2.2021, 6.55 Uhr, Ö1

Liebe ist in der Bibel ein so vielschichtiger Begriff, der weit über das bisher Genannte hinausgeht. Liebe ist Leben in Beziehungen, so könnte man die biblische Botschaft zusammenfassen, eine ganz enge Verbundenheit und ein tiefes Vertrauen. Kein Geringerer als Gott selbst wird in der Bibel als der schlechthin Liebende gezeichnet! Als derjenige, der sich Menschen ganz und gar liebevoll zuwendet und die Beziehung zu ihnen sucht, ohne dass diese die Liebe auch nur ansatzweise verdient hätten!

Mehr als nur ein Gefühl

„Ich habe dich je und je geliebt“, lässt Gott seinem auserwählten Volk durch den Propheten Jeremia ausrichten (Jer 31,3). Gottes allem zuvorkommende Liebe erhofft, so die biblische Botschaft, eine Antwort des Menschen: Gott zu lieben – von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit aller Kraft. (Dtn 6,5).

Die Bibel gebraucht den Begriff der Liebe aber noch in weiterem Sinn: Der „Nächste“, der Mensch in Not, selbst wenn er nicht liebens- und begehrenswert ist, verdient der Bibel zufolge Aufmerksamkeit, Solidarität und Hilfe, denn Liebe ist, so die Bibel, mehr als nur ein Gefühl. Liebe im biblischen Sinn bewährt und bewahrheitet sich im konkreten Miteinander, in Unterstützung und Zusammenhalt ohne Ansehen der Person.

Geliebt-Sein und Lieben, ja das darf auch einmal romantisch sein, nicht nur am Valentinstag. Liebe im biblischen Sinn, die über das Private weit hinausgeht, ist allemal herausfordernd und kann auch unbequem werden!