Tao – aus den Religionen der Welt 13.3.2021

Wege der Erkenntnis und liebenden Hingabe

Mystik in den indischen Traditionen. Indien ist die Heimat einer schier unfassbaren Vielfalt von spirituellen und auch mystischen Traditionen.

In Indien entstanden die farben- und facettenreichen Hindu-Religionen mit ihren drei monotheistischen Hauptrichtungen Vishnuismus, Shivaismus und Shaktismus, der Buddhismus, der Jainismus und viele mehr.

ORF-Schwerpunkt: „Im Innersten – Mystik in den Religionen“

Das Göttliche ist in allem gegenwärtig, aber nicht einfach erfahrbar, so die Essenz vieler Hindu-Religionen. Die Bhagavad Gita, die aus dem zweiten Jahrhundert vor der Zeitrechnung stammt, ist eine der zentralen Schriften der Hindu-Traditionen und zugleich der grundlegende Text für deren mystische Bewegungen. Sie hat die Form eines spirituellen Gedichts und zeichnet die spätere indische Liebesmystik in vielen Zügen bereits vor. Krishna, der Herr, erscheint als Manifestation des einen Gottes, Vishnu. Dort heißt es: „Doch die liebend mich verehren, die sind in mir, in ihnen ich.“

Tao
Samstag, 13.3.2021, 19.05 Uhr, Ö1

Auf Basis der alten indischen Texte haben sich zwei wesentliche mystische Zugänge entwickelt, die man als Erkenntnismystik und Liebesmystik („Bhakti“) bezeichnen könnte. Bei der Bhakti-Mystik steht eine höchste Gottheit im Mittelpunkt, zu der man sich in hingebungsvoller Liebe wendet. „Ich bin vertieft in Seine Liebe; mein Elend vom Herumwandern in der Welt ist beendet“, schreibt die indische Mystikerin Mira Bai im 16. Jahrhundert in einem Liebeslied an ihren Gott, Krishna. Hindu-Mystiker/innen versuchen ihre Gottesbeziehung zu intensivieren, streben nach einer „Unio mystica“, einer Verbindung oder Vereinigung mit dem Göttlichen. Der menschliche Körper soll diesen Weg ermöglichen bzw. ihn nicht verstellen, deshalb haben sich unzählige Formen von psycho-physischen Übungssystemen entwickelt, das bekannteste davon ist ohne Zweifel Yoga.

Nach wie vor nicht geklärt ist, ob der Buddhismus zu den mystischen Traditionen gezählt werden kann oder mystische Elemente beinhaltet – geht er doch weder von einem personalen Gott noch von einer jedem Menschen eigenen Seele aus. Manche Buddhist/innen argumentieren aber, dass die Lehren des Buddha insofern als mystisch zu betrachten sind, als sie ebenfalls ein Erkennen von und eine Verbindung mit der absoluten Realität anstreben. Mit Meditation können solche Erfahrungen der Ganzheitlichkeit und der Einheit erreicht werden, beispielsweise im Zen oder im tibetischen Buddhismus. Zudem kennt der Mahayana-Buddhismus das Konzept der Buddha-Natur, das Potenzial wie Buddha zur Erleuchtung zu gelangen, das demnach jedem Menschen zu eigen ist.

TAO taucht ein in die Welt alter mystischer Hindu-Lehren, wirft einen Blick auf buddhistische Wege der Einsicht und trifft Menschen, die sich in Österreich ganz der liebenden Hingabe an ihre Gottheit verschrieben haben.

Gestaltung: Kerstin Tretina

Buchhinweise:

  • S. N. Dasgupta, „Indische Mystik“, Verlag Adyar 1998
  • Gavin Flood, „The truth within: a history of inwardness in Christianity, Hinduism, and Buddhism“, Oxford University Press 2013
  • Katharina Ceming, „Einheit im Nichts: die mystische Theologie des Christentums, des Hinuismus und Buddhismus im Vergleich“, Edition Verstehen 2004
  • Guntram Franz Ferstl, „Buddhismus aus der Mitte – Lehren Schulen MystikerInnen Wissenschaft“, Verlag BoD 2020
  • Garma C. C. Chang, „Die buddhistische Lehre von der Ganzheit des Seins“, Verlag O. W. Barth 1989
  • Garma C. C. Chang, „Die Praxis des Zen“, Aurum Verlag 1982
  • Lama Anagarika Govinda, „Grundlage tibetischer Mystik“, Fischer Taschenbuchverlag
  • Chögyal Namkhai Norbu, „Dzogchen – Der Weg des Lichts“, Windpferd Verlag