Freitag, 2.4.2021, Manfred Scheuer

Todestag Karfreitag

Karfreitag – Todestag Jesu. Am Karfreitag 1944 wurde der Linzer Priester und Pädagoge Johann Gruber im KZ Gusen vom Lagerleiter selbst grausamst ermordet.

Zuvor war seine geheime Organisation aufgeflogen, mit der er innerhalb der Todeszone des KZs zusätzliche Suppen organisierte und verbotene Ware hineinschmuggeln ließ. Er kümmerte sich um die vorwiegend jungen ausländischen Gefangenen, versuchte als Pädagoge eine Art Lagerschule aufzubauen, feierte geheime Gottesdienste.

Manfred Scheuer
ist katholischer Bischof der Diözese Linz

Die innere Schönheit hinter dem Schmerz

Der Todestag Grubers war als Rache des Kommandanten bewusst gewählt. Der Karfreitag ist der Tag, an dem Jesus und seine Botschaft scheiterten. Das Scheitern des Guten, das Scheitern des Gerechten. Das Zeugnis Johann Grubers ist ein besonderes Beispiel dafür. Erinnerung an den Tod Jesu schließt die Erinnerung an die ein, die für ihre Überzeugungen zu Tode kamen.

Heute am Karfreitag wird der Blick auf den leidenden Jesus gelenkt, aber auch auf die Gesichter von gezeichneten Menschen hier inmitten unserer Gesellschaft, auf die Gesichter von Kindern, die schon von klein auf geschlagen sind, auf die Gesichter von Jugendlichen, die keinen Platz in der Gesellschaft finden und frustriert sind, auf die Gesichter von leiblich und psychisch Kranken, auf die Gesichter von Flüchtlingen, auf die Gesichter von Sterbenden. Es gilt diese wahrzunehmen, nicht wegzuschauen, nicht vergesslich zu werden. Und es gilt, hinter dem Dreck und dem Schmerz die Würde, die Kostbarkeit und auch die innere Schönheit der Menschen zu sehen.

Musik:

Tarkovsky Quartet: „La main et l’oiseau“ von François Couturier, Anja Lechner, Jean-Louis Matinier und Jean-Marc Larché
Label: ECM Records 2159 / 2742526