Lebenskunst 2.5.2021, Stefan Schröckenfuchs

Bibelessay zu 1 Johannes 4,7-21

Der erste Johannesbrief ist vermutlich um das Jahr 100 nach Christus entstanden. Er gehört also zu den Schriften des Neuen Testaments, die mit einer etwas größeren zeitlichen Distanz auf die Geschichte des Jesus von Nazareth zurückblicken.

Gott ist Liebe

Der erste Johannesbrief beschäftigt sich unter anderem mit den Fragen, was die Geschichte Jesu über Gott aussagt und welche Konsequenzen fürs christliche Verhalten sich daraus ergeben.

Stefan Schröckenfuchs ist Superintendent der Evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich

Gott ist Liebe, so lautet das Bekenntnis dieses Briefes. Gott ist nicht nur manchmal liebevoll oder „nett und lieb“. Sondern Gott ist die Liebe selbst. Gott ist ganz und gar Liebe. Er ist nichts anderes als Liebe.

Begründet wird diese Aussage damit, dass Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat, damit die Menschen „wahres Leben“ bekommen. Wahres Leben, das meint ein Leben, das gelingt, weil es gemeinsam mit Gott gelebt wird. Die Initiative geht dabei von Gott aus. Der Gott der Bibel ist es, der die Beziehung zum Menschen sucht, damit das menschliche Leben gelingt.

Und das hat Gottes Liebe zum Ziel: sie will überwinden, was Menschen von Gott, also von der Liebe, trennt. Konkret nennt der Brief menschliches Fehlverhalten und die Angst vor einer Bestrafung durch Gott. Das Ziel der Liebe Gottes ist, dass sich der Mensch vor Gott nicht fürchtet. Denn Angst steht einer vertrauensvollen Beziehung – und damit gelingendem Leben – im Weg. Nicht Angst soll die Beziehung zu Gott prägen, sondern gegenseitige Liebe. Gott liebt, auch weil er geliebt werden will.

Wie aber liebt man Gott? Wie bleibt man mit Gott verbunden, den man nicht sehen kann? Die Antwort des Briefes ist schlicht: mit Gott bleibt man verbunden, indem man liebt.

Lebenskunst
Sonntag, 2.5.2021, 7.05 Uhr, Ö1

Wenn Menschen einander lieben, wenn also ihr Leben und Handeln von Liebe bestimmt ist, dann sind sie sogleich auch mit Gott verbunden. Denn Gott ist ja Liebe. „Wer in der Liebe lebt, ist mit Gott verbunden, und Gott ist mit ihm verbunden.“, heißt es im Brief.
Gott ist Liebe. Das heißt auch: Liebe ist Gott. Liebe hat göttlichen Charakter. Sie hat oberste Priorität. Und zu lieben wird zum obersten Gebot. „Wenn Gott uns so sehr geliebt hat, dann müssen auch wir einander lieben.“, heißt es weiter. Deshalb kann niemand behaupten, er würde Gott lieben, wenn er seine Mitmenschen hasst.

Wichtig ist dem Autor des Briefes jedoch die Reihenfolge: es ist die Liebe Gottes, die allem anderen vorausgeht. Der Mensch muss sich Gottes Liebe nicht erst verdienen. Er ist bedingungslos von Gott geliebt. Das Ziel dieser göttlichen Liebe ist es, die Liebe zwischen den Menschen zu wecken. Und für den, dessen Gott Liebe ist, wird Liebe zum obersten Gebot.