Zwischenruf 23.5.2021, Margit Hauft

Leben aus dem Geist

„Pfingsten das liebliche Fest war gekommen“, wer kennt es nicht, dieses berühmte Zitat aus Goethes „Reineke Fuchs“, dem in blumigen Worten eine Schilderung der pfingstlichen Natur folgt.

Die biblischen Pfingstschilderungen sind eher weniger blumig, in der wohl bekanntesten geht es um Sturm und Feuerzungen, um einen Geist, der die verschlossenen Fenster nach außen aufdrückt und alles durcheinanderwirbelt.

Margit Hauft ist langjährige Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Österreichs

Das heutige Evangelium kommt allerdings ganz ohne das Tosen und Brausen aus, ohne die Feuerzungen, es ist vielmehr eine stille, eine schlichte Erzählung, aber dennoch eine Erzählung mit großer Intensität. Johannes schildert zu Beginn, wie die Jünger Jesu sich aus Angst vor Verfolgung eingeschlossen haben. Sie sind aus der Öffentlichkeit verschwunden, einfach untergetaucht. Sie hatten einmal für ihren Herrn Jesus Christus gebrannt, aber jetzt war er gekreuzigt worden, jetzt war die Sache aus, und sie sitzen hinter verschlossenen Türen. Da war nichts mehr von dem Leuchten, von diesem Strahlen, das sie einmal gehabt hatten. Die Luft war draußen aus ihrer großen Hoffnung.

Als Proviant für das, was ihnen bevorsteht, bekommen sie vom – wie es die Bibel schildert – auferstandenen Jesus die göttliche Geistkraft.

Ein Hauch nur, der Atem und Leben bedeutet, Wind, der kühlt in der Hitze, Bewegung und Energie. Das könnten passende Assoziationen dazu sein. In der Sprache Jesu heißt Heiliger Geist Ruach, dieser Begriff ist weiblich und bedeutet Geist, Wind und Atem. Diese Ruach ist keine Macherin, keine Managerin, keine Direktorin, sie ist es vielmehr, die in eine nur noch schwach glimmende Glut hineinbläst und sie neu entfacht, die dazu ermutigt und befähigt, Dinge zu tun, die man nicht für möglich gehalten hätte.

In dieser Kraft sollen die Getreuen nun handeln: Sie sollen denjenigen, die einen neuen Anfang brauchen, einen Start zurück ins Leben ermöglichen. Sie werden geschickt, das wegzunehmen, was trennt, das abzunehmen, was drückt, das freizulegen, was schmerzt, und das heil werden zu lassen, was verletzt ist. All das ist nur möglich, wenn sie die sicheren Mauern verlassen, greifbar werden und dabei riskieren, auch angreifbar zu sein. Ein starker Auftrag ist das, aber sie wissen, der, der an seinen Narben erkannt wird, versteht unser Leid so gut wie niemand sonst auf dieser Welt.

Jesus hat keinen theologischen Lehrstuhl, keine Schriftgelehrten hinterlassen, sondern eine kleine Schar von unvollkommenen Menschen, die sich wohl immer wieder ihrer Schuld bewusst wurden, aber umso mehr auch seines Wohlwollens.

„Empfangt die heilige Ruach“, das ist auch denen zugesagt, die sich zu ihm bekennen. Das ist für mich keine Geschichte von denen vor 2000 Jahren. „Empfangt sie und werdet spürbar, trotz Gegenwind, der auch fallweise orkanartig sein kann!“, das gilt auch den Jüngerinnen und Jüngern in der Nachfolge des Nazareners im 21. Jahrhundert. Ich bin überzeugt: Jenseits von frommem Augenaufschlag und süßlichen Getue will er auch von heutigen Menschen, dass sie in seinem Namen und mit seiner Geistkraft als Menschen unter Menschen spürbar und wirksam werden.

Für mich stellt sich nicht die Frage, unter welchem „Etikett“ sich jemand einsetzt, ob er den Namen des Nazareners vor sich herträgt oder nicht, meine Aufmerksamkeit gilt dem Wie des Handelns: wertschätzend, verständnisvoll und auf soziale Gerechtigkeit bedacht… oder eben nicht!