Samstag, 12.6.2021, Kurt Neumann

Ich bin eine fröhliche Hummel

Den Kindern verschwieg H. C. Artmann die Tatsachen der Sterblichkeit und des Unwissens über das Lebensende nicht, das nur mit Formeln zu bemänteln ist, so in den Schluss-Reimen seines Lebens-Abzähl-Gedichts:

Kurt Neumann ist Schriftsteller und Literaturkritiker und war viele Jahre Leiter des Literaturprogramms der Alten Schmiede in Wien.

[…]
mit sieben jahr ein greis,
mit acht jahr schneeweiß,
mit neun jahr leucht das morgenrot,
mit zehen jahr, ja grüß dich gott!

Ich bin eine fröhliche Hummel, hat er das irgendwo geschrieben oder zu uns beim Frühstück vor einem halben Jahrhundert in Gmunden gesagt?
Jedenfalls ein stimmiges Bild: ein schwebender, frohgemuter Freigeist des Dichtens, sein Werk gewichtig und leicht in einem.

Ein Epitaph hatte er sich damals längst schon verfasst: typisch H. C.! Unvergessbar:

WINDRADAL

kaufts ma r a windradal
und dazz ma s auf s grob
das e s hea wie s schnuad
und suad
en meazz und abrüü
das e s hea wie de luft is
en da zeid noch mein dod..

waun e daun a r engl wia
woxn ma gleich weiße fliegln
aus mein gatschechn hemt..
waun e owa r a deifö wia
kuman ma rode schwingaln
aus meina assfaltanan haud!

daun fliag e wia r a schotn

Literatur:
H.C. Artmann: Das poetische Werk. Unter Mitwirkung des Autors hrsg, von Klaus Reichert. München/Salzburg 1994
Edition Ö1 Doppel-CD „H.C. Artmann: pur & vertont“, 2021

und i fliag wia r a schotn
aus n meazz en abrüü en abrüü
aus n abrüü en mei en mei
aus n mei en june en june
aus n june en jule en jule
aus n jule en august en sebtemba..

sebtemba sebtemba sebtemba

und kana wiad me seng
und kana wiad me hean
und nimaund wiad song:
duat fliagt a grod fabei..!

sebtemba okdowa nofemba

oba gschbian weat s me ole:
(du und du und du aa…)
jenochdem wos e bin:
a r engal fola gadsch –
oda r a deifö foi assfalt..