Montag, 14.6.2021, Luise Müller

Schulfreundinnen

Die Isolation in der Corona-Zeit hat es noch einmal ganz deutlich gemacht: wie wichtig Freundschaften sind. Manche werden schon ganz früh geschlossen.

Als ich in die Schule kam, erhielt mein Leben eine neue Dimension. Es gab so viel zu entdecken. Schreiben, lesen, rechnen. Und still sitzen. In Zweierreihen. Aber auch da siegte die Neugier über die Disziplin. Schnell mal umdrehen und ein wenig schwätzen. Neue Beziehungen sich entwickeln lassen.

Luise Müller
ist evangelische Theologin und ehem. Superintendentin der Diözese Salzburg und Tirol

Ein lebensveränderndes Wagnis

Da war Anni, die ich auf dem Schulweg abholte. Sie durfte sich eine Zimtschnecke für die Pause kaufen. Ich hatte ein Butterbrot eingepackt. Da waren die beiden, die erst vor kurzem in unsere Gegend gezogen waren und deren Sprache so ganz anders klang als meine. Mein Horizont erweiterte sich gewaltig. Und langsam aber sicher kristallisierten sich aus den vielen zwei beste Freundinnen heraus. Die Eltern der einen führten ein Gasthaus und der Vater der anderen war Fabriksbesitzer, so nannte man das damals, Ende der 50er Jahre. Zusammen mit mir, deren Mutter ein Geschäft hatte, deckten wir eine große Bandbreite an kindlichen Erfahrungen ab. Wir kannten unsere kleine Welt von den verschiedensten Seiten. Wir spielten im Fabrikshof, im Gasthaus oder im Laden.

Bis wir alle drei 16 waren, lebten wir am gleichen Ort. Zu der Zeit mussten wir nicht mehr über unsere Freundschaft nachdenken. Sie war da, hielt stand, auch wenn sich unsere Wege voneinander entfernten. Das ist bis heute so. Freundschaft mit Menschen oder Gott hat mit Treue zu tun. Mit sich einlassen auf jemand und ihm vertrauen. Ein Wagnis, aber lebensverändernd.