Freitag, 18.6.2021, Luise Müller

Bilder von Freundschaften

Spaß haben, ernste Gespräche führen, miteinander Sport betreiben – Bilder von Freundschaft können sehr unterschiedlich sein. Und genau das gilt auch für Bilder von Gott.

Wenn ich Gott denke, dann denke ich meistens an jemand, dem ich absolut vertraut bin. Der mich besser kennt, als ich mich selber kenne. Ich denke ihn nicht so, wie einen allwissenden Aufpasser, nein, eher so wie eine gute Freundin, einen guten Freund.

Luise Müller
ist evangelische Theologin und ehem. Superintendentin der Diözese Salzburg und Tirol

Mehr als ein Freund

Eine, die, wenn du mit ihr feiern willst, aber weder Wein noch etwas zu essen zu Hause hast, ihren Kühlschrank leerräumt und mitbringt, was den Abend retten kann. Eine, die auch mal schweigen kann, wenn jedes Wort zu viel wäre. Einer, von dem du weißt, er ist da, auch wenn du ihn gerade nicht siehst. Eine, die dich schon versteht, auch wenn du scheinbar nicht die richtigen Worte findest. Der dich anschaut und sagt, es ist gut, du musst dich nicht quälen. Dem du sagen kannst: Ich verstehe dich jetzt absolut nicht, aber ich vertraue dir trotzdem. Du wirst schon wissen.

Aber ich weiß auch: Gott ist mehr. Mehr als das absolut Zugewandte, mehr als das ganz Vertraute, Zuverlässige. Gott ist auch das Heilige, das Unsagbare. Geheimnis. Der, der über meinen Verstand geht. Der, der nicht nur mich betrifft. Der, der die Welten retten kann, der letztlich alle Macht in seinen Händen hat. Gott ist mehr als ein Freund. Er ist die Liebe, die Barmherzigkeit, die Gnade. Er ist der Verborgene, der Ferne, der Unbegreifliche. Mehr, als alles, was ich je erlebt habe. Aber Gott war und ist auch nie weniger als das: mein Freund.