Lebenskunst 13.6.2021, Petra Morzé

Bibelessay zu Markus 4,26-34

„Der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.“ Wenn ich als kleines Mädchen aus dem Fenster im Weinviertel lugte, hörte ich den Traktor, mit der Sämaschine. Einen Mann, der mit einer umgefalteten Schürze, in deren Stoff sich die Samen befanden, durch die Ackerscholle ging und die Samen ausstreute, kannte ich nur von gemalten Bildern.

Ich liebte die Gleichförmigkeit der Erdanhäufungen und das scheinbare „nur“ Durchpflügen des Ackers. Doch kurze Zeit später ragten überall die kurzen, grünen Pflänzchen aus den Ackerschollen und auch in unserem Garten büschelten sich zart die Radieschen, die Karotten und vieles mehr. Als erwachsene Frau legte ich Kartoffeln in die Erde und freute mich unbändig über das Ausschlagen der Blätter und die unglaubliche Vermehrung der Kartoffeln, auch an Stellen, wo ich gar keine gelegt hatte.

Petra Morzé
ist Theater- und Filmschauspielerin

Vom Säen und Wachsen-Lassen. Gedanken über das Vertrauen

Für mich handelt dieses Gleichnis Jesu vom Vertrauen. Vom Vertrauen in sich selbst, in die eigene Handlung, die eigene Aktivität und die Folgen daraus. Also von Verantwortung und von Vertrauen. Ich habe meines getan, den Samen in die Erde gesenkt, ein Lächeln einem Menschen geschenkt, eine Pflanze gegossen, Gedanken niedergeschrieben. Somit gebe ich etwas und bin neugierig, was daraus entstehen mag.

Es fällt mir nicht immer leicht, nicht ängstlich auf die Ackerschollen zu starren, oder den Boden nicht zu übergießen oder einfach nicht nur ungeduldig auf ein Lebenszeichen zu warten. Doch mit den Jahren kehrte tatsächlich ein Gefühl des Vertrauens zu mir zurück. Ich trau mich etwas und dann lass ich es mal in Ruhe. Das heißt, einfach zu sehen, was daraus entsteht, wächst. Insofern fühle ich mich in dem Gleichnis zu Hause. Das Bild von den Ackerschollen im Weinviertel werde ich sowieso nie vergessen!