Logos – Glauben und Zweifeln 23.10.2021

„Aus Begeisterung für die Kirche“

Zum 90. Geburtstag von Weihbischof Helmut Krätzl.

Eine eigene Diözese hat er nie geleitet, obwohl er vielen als „logischer Nachfolger“ von Kardinal Franz König als Erzbischof von Wien gegolten hatte: Und so hat sich Weihbischof Helmut Krätzl gleichsam in der zweiten Reihe unermüdlich für Reform und Erneuerung der römisch-katholischen Kirche eingesetzt. Am 23. Oktober vollendet er sein 90. Lebensjahr. Dem ORF hat er aus diesem Anlass noch einmal ein ausführliches Interview gegeben.

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Samstag, 23.10.2021, 19.05 Uhr, Ö1

Unermüdlich für Reformen

Dass 1986 Pater Hans Hermann Groer zum Erzbischof von Wien ernannt wurde, erklärt Krätzl heute durch zwei Faktoren: Zum einen sei das Verhältnis Königs zu Papst Johannes Paul II. „schlechter geworden“ – und zum anderen: „Ich glaube, dass sich Kardinal König zu wenig eingesetzt hat.“ Doch Krätzl bestätigt auch, was immer wieder gemutmaßt worden war: Eigentlich hätte damals Kurt Krenn Erzbischof werden sollen.

Die kirchliche Karriere von Weihbischof Helmut Krätzl war damit zu Ende. Das Amt des Erzbischofs habe er aber sowieso nie angestrebt: „Davor habe ich immer eine Riesenangst gehabt.“ Seiner Popularität hat diese Entwicklung aber nicht geschadet, im Gegenteil: Als gefragter Referent und Autor hat sich Krätzl unermüdlich für Reformen im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils eingesetzt: „Und so konnte ich mir viel mehr leisten.“

Vorladung nach Rom

„Aus Begeisterung für die Kirche“ sei er Priester geworden, schreibt Krätzl in seinem 1998 erschienenen Buch „Im Sprung gehemmt“. Sehr pointiert führt er darin aus, „was mir nach dem Konzil noch alles fehlt“ (so der Untertitel). An der ersten Sitzungsperiode hatte er 1962 als Stenograf teilgenommen – er zählt damit zu den letzten Augenzeugen des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Seine freimütigen Äußerungen werden auch in der Glaubenskongregation gelesen – und von ihrem damaligen Präfekten, Kardinal Joseph Ratzinger, kommt eine offizielle Vorladung nach Rom. Krätzl befürchtet ein „Redeverbot“ – doch der spätere Papst Benedikt XVI. belässt es bei einer „Ermahnung“, mit den Worten: „Schreiben Sie doch was anderes.“ Weihbischof Krätzl sollte noch viel schreiben – aber nicht unbedingt „etwas anderes“.

Bis 2008 in der Erzdiözese

Helmut Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien geboren. Bei seiner Priesterweihe war er noch keine 23 Jahre alt. Als Kaplan war er in Baden bei Wien, als Pfarrer fünf Jahre in Laa an der Thaya tätig. Ab 1969 bekleidet er dann unterschiedliche Spitzenfunktionen der Erzdiözese (unter anderem als Ordinariatskanzler und als Generalvikar).

Am 20. November 1977 wurde Helmut Krätzl (gemeinsam mit Florian Kuntner) zum Bischof geweiht. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2008 blieb er als „Titularbischof“ (von Heraclea Pontica in der heutigen Türkei) und als „Auxiliarbischof“ („Hilfsbischof“) der Erzdiözese Wien zugeordnet.

Gestaltung: Markus Veinfurter