Staatsbesuch

US-Präsident Biden bei Papst Franziskus

Papst Franziskus hat US-Präsident Joe Biden im Vatikan zu einer ungewöhnlich langen Privataudienz empfangen. Nach dem rund eineinhalb Stunden langen Treffen schlossen sich politische Gespräche im erweiterten Kreis an, unter anderem mit US-Außenminister Antony Blinken, wie das Weiße Haus am Freitag mitteilte.

Der US-Regierung zufolge sollte es bei den Gesprächen mit Franziskus unter anderem um den Kampf gegen die Corona-Pandemie, den Klimawandel und die weltweite Bekämpfung der Armut gehen. Der 78-Jährige war zum Auftakt einer mehrtägigen Europareise vor dem Apostolischen Palast von Würdenträgern des Vatikans begrüßt worden. Bidens Treffen mit dem Papst hinter verschlossenen Türen war ursprünglich auf knapp eine Stunde angesetzt gewesen.

Es ist bereits die vierte Begegnung der beiden, aber für Biden die erste seit seiner Wahl ins Weiße Haus. Der 78-Jährige ist erst der zweite katholische US-Präsident nach John F. Kennedy. Er spricht häufig über seinen Glauben und geht regelmäßig in die Kirche. Weil er aber auch für das Recht von Frauen auf Abtreibungen eintritt, gibt es Spannungen mit der katholischen Kirche. Im Anschluss an die Gespräche mit Franziskus traf sich Biden auch mit der Nummer zwei des Vatikans, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

US-Präsident Joe Biden mit Papst Franziskus, im Hintergrund First Lady Jill Biden
APA/AP/Vatican Media
Papst Franziskus empfing am Freitag US-Präsident Joe Biden und Jill Biden

Unklar blieb zunächst, ob bei den Treffen auch das umstrittene Thema Abtreibung zur Sprache kam. Bidens Regierung unterstützt das Recht auf Abtreibung, was im Widerspruch zur Position der katholischen Kirche steht. Einzelne US-Bischöfe hatten daher gefordert, Biden von der Kommunion auszuschließen. Das Sakrament der Eucharistie ist ein wichtiger Teil katholischer Messen. Die US-Bischofskonferenz sah sich im Juni genötigt klarzustellen, dass kein Beschluss gefasst worden sei, um bestimmte Menschen von der Kommunion auszuschließen.

Umstrittenes Thema Abtreibung

Der Papst mahnte daraufhin, Bischöfe sollten Seelsorger sein und nicht Politiker. Er habe noch niemandem die Kommunion verweigert, sagte Franziskus im September. Gleichzeitig ließ er keinen Zweifel an der Position der Kirche: Schwangerschaftsabbrüche seien „Mord“, sagte Franziskus. „Wer abtreibt, der tötet, um es klar zu sagen.“

In den USA sind Abtreibungen seit Jahrzehnten politisch sehr umstritten. Die Regelungen ob und wann Abtreibungen legal sind, unterscheiden sich örtlich. Konservativere Bundesstaaten begrenzen Abtreibungen meist stärker. Zuletzt hatte ein extrem restriktives Abtreibungsgesetz in Texas für Aufsehen gesorgt. Bidens Regierung will es nun mit Hilfe des Obersten Gerichtshofs zu Fall bringen.

Zweiter katholischer US-Präsident

Biden gilt als gläubiger Katholik. In seinem Büro fand sich schon am ersten Tag seiner Amtszeit neben Familienfotos auch eine Aufnahme mit Papst Franziskus. Der erste katholische US-Präsident war John F. Kennedy (1961 bis 1963).

Joe und Jill Biden schütteln Monsignore Leonardo Sapienza beim Eintreffen im Vatikan die Hand
APA/AP/Evan Vucci
Jill und Joe Biden beim Eintreffen im Vatikan mit Monsignore Leonardo Sapienza

Am Freitagnachmittag wollte Biden in Rom noch Gespräche mit dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella und Ministerpräsident Mario Draghi führen. Anschließend sollte er den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen. Bei dem Gespräch in der französischen Vatikan-Botschaft sollte es um die Beilegung des Streits um ein neues Sicherheitsbündnis der USA im Südpazifik gehen, das Frankreich ein milliardenschweres U-Boot-Geschäft mit Australien gekostet hat. Der Abschluss des Paktes ohne Absprache hatte in Frankreich zu wütenden Reaktionen geführt und Zweifel an der Verlässlichkeit der transatlantischen Partnerschaft genährt.

Nach dem G20-Gipfel der wichtigen Wirtschaftsnationen in Rom am Wochenende, will Biden ab Montag im schottischen Glasgow an der Weltklimakonferenz teilnehmen.

Treffen hinter verschlossen Türen

Für Irritationen im Vorfeld des Biden-Besuchs sorgte ein weitgehender Ausschluss von Medienvertretern. Eine Live-Übertragung von der Begrüßung zwischen Papst und Biden wurde kurzfristig abgesagt, was zu Beschwerden zahlreicher Journalisten führte. Eine genaue Begründung für das Vorgehen nannte der Vatikan nicht. Sprecher Matteo Bruni verwies darauf, dass der geänderte Plan der „normalen Prozedur“ für die Empfänge von Staatsgästen während der Coronavirus-Pandemie entspreche.

Das G20-Treffen in Rom ist in diesem Jahr quasi die Vorbereitung auf die Klimakonferenz COP26. Diese beginnt am Sonntag direkt im Anschluss im schottischen Glasgow. Franziskus warnte am Freitag in einer vom britischen Sender BBC ausgestrahlten Ansprache vor einer „unbewohnbaren Welt“ – mehr dazu in Papst warnt vor „unbewohnbarer Welt“. Er rief die Konferenz-Teilnehmer auf, Antworten auf die gegenwärtige ökologische Krise zu finden und der künftigen Generation Hoffnung zu spenden.