Praxis – Religion und Gesellschaft 17.11.2021

Queer und gläubig

Als Mann und Frau schuf er sie? – LGBTIQA+ und die Religionen | Neues Transgender-Gesetz in Spanien | Osteuropa und die Angst vor dem Gendern | Salzburger Michael Max ist neuer Rektor der „Anima“ in Rom.

LGBTIQA+ und die Religionen

„Als ich jung war, habe ich nicht gemocht, was da in mir war, ich habe so sehr damit gekämpft“, erklärt die 43-jährige Maureen. „Die Leute haben mich beschimpft, verspottet und wussten nichts mit mir anzufangen. Ist sie eine Sie, ist sie ein Er? Es war eine lange Reise.“ In Kenias Hauptstadt Nairobi führt Maureen einen Friseursalon. Sie hat lange, lockige Haare und ist perfekt geschminkt. Maureen wurde im Körper eines Mannes geboren.

Es waren katholische Ordensfrauen, die sie auf ihrem bisherigen Weg unterstützt haben. Doch ganz so entspannt ist das Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Menschen, die in irgendeiner Form vom binären oder heterosexuellen Mainstream abweichen nicht immer. Von solchen Erfahrungen berichten auch die Vertreter/innen religiöser Jugendorganisationen von der Katholischen Jugend (KJÖ) über die Muslimische Jugend Österreichs (MJÖ) bis zu den Jüdischen österreichischen Hochschüler/innen (JöH).

Während sich Transgender-Personen meist mühsam den Weg zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz erkämpfen müssen, sehen andere dadurch ihr tradiertes Menschenbild erschüttert. „Als Mann und Frau schuf er sie" stehe schließlich schon in der Bibel. Fundamentalistische Strömungen in den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften teilen oft ähnliche Ansichten wie rechtspopulistische und konservative Parteien.

Wie es ist, queer und gläubig zu sein, das hat Lena Göbl auch die 28-jährige evangelische Christin Carla Ebl gefragt. Der Glaube habe in ihrem Leben immer schon eine wichtige Rolle gespielt, erzählt diese, das habe sich auch mit ihrem Outing während ihrer ersten gleichgeschlechtlichen Beziehung nicht geändert.

Neues Transgender-Gesetz in Spanien

„Das hat mit Feminismus nichts zu tun“, moniert die 86-jährige Grande Dame des spanischen Feminismus, Lidia Falcón. „Das Gesetz widerspricht dem gesunden Menschenverstand und anthropologischen Grundsätzen und leugnet Kategorien wie Mann und Frau, Mutter und Vater.“ Als im Jahr 2005 die gleichgeschlechtliche Ehe von einer sozialistischen Regierung legalisiert wurde, jubelte die Gründerin der feministischen Partei Spaniens noch, doch im jüngsten Gesetz der spanischen Linksregierung sieht sie einen Frontalangriff auf feministische Errungenschaften.

Auf Initiative der spanischen Gleichstellungsministerin Irene Montero von der Bewegung Podemos wurde im Juli dieses Jahres ein Gesetz unter dem Titel „freies Recht auf Bestimmung des Geschlechts“ verabschiedet, das Transgender-Personen den Wechsel des Namens und des eingetragenen Geschlechts erleichtert: Sie müssen nur eine entsprechende Willenserklärung im Abstand von drei Monaten im Standesamt abgeben, um Vornamen und das eingetragene Geschlecht ändern zu können.

Die Altersgrenze liegt bei 16 Jahren; bei Minderjährigen zwischen 14 und 16 Jahren müssen die Eltern zustimmen. Dass Trans-Personen auch Anspruch auf medizinische Unterstützung auf Krankenkassenkosten bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches haben, kritisieren katholische Religionsvertreter und dass Geschlechter-Diversität im Schulunterricht behandelt wird, wollen katholische Elternvereine verhindern. Gestaltung: Josef Manola

Osteuropa und die Angst vor dem Gendern

Vor „Genderideologie" oder „Gendermainstreaming" wird vor allem in Osteuropa gerne gewarnt, wenn der Ausdruck „Gender“ fällt, vor allem von rechtspopulistischen oder rechtskonservativen Kreisen in Kirchen und Gesellschaft. Damit soll unter anderem die Seriosität der Genderforschung in Frage gestellt werden, bis hin zu einer Art Verteufelung, die etwa in Ungarn vor zweieinhalb Jahren die Genderforschung von den Universitäten und Hochschulen verbannt hat.

Warum sich gerade rechtskonservative Kräfte in Osteuropa des Begriffes bedienen, um damit Ängste in der Bevölkerung zu kanalisieren, hat Judith Fürst die ungarische katholische Theologin und Genderforscherin Rita Perintfalvi von der Universität Graz gefragt, die auch in der Seelsorge für Menschen aus der LGBTQ-Community tätig ist.

Salzburger Michael Max: Neuer Rektor der „Anima“ in Rom

De facto leitet Michael Max zwar schon seit einem Jahr die „Anima" in Rom, doch erst am vergangenen Sonntag konnte endlich auch die feierliche Amtseinführung stattfinden. Der 51-Jährige Michael Max, zuletzt Leiter des Bildungshauses St. Virgil in Salzburg, kehrt an das römische päpstliche Institut Santa Maria dell’Anima zurück, wo er selbst einst Student war. Die deutschsprachige Kirchengemeinde ist gleichzeitig ein internationales Priesterkolleg. ORF-Rom-Korrespondentin Cornelia Vospernik hat den nicht ganz so neuen Rektor in der „Anima" im Zentrum von Rom besucht.

Moderation: Alexandra Mantler