Praxis – Religion und Gesellschaft 1.12.2021

Squid Game – Ethik aus Korea

Squid Game – Tödliches Kinderspiel und Kapitalismuskritik | Impfpflicht: auch eine Frage von Religion und Ethik | Corona Krise: Frauenarmut im Fokus

Squid Game – Tödliches Kinderspiel und Kapitalismuskritik

Sie gilt als eine der erfolgreichsten Serien des US-amerikanischen Medienunternehmens und kostenpflichtigen Streaming-Dienstes Netflix: die koreanische Serie „Squid Game“. Die Serie, in der hochverschuldete Menschen bei tödlichen Spielen um einen Milliardengewinn antreten, ist vom Medienunternehmen ab 16 Jahren freigegeben, doch offenbar haben auch wesentlich jüngere Kinder die Serie gesehen.

In Deutschland etwa haben Kinder in Kindertagesstätten die Spiele nachgestellt und die Verlierer bestraft, weshalb Elterninitiativen in der Serie einen Skandal wittern und dagegen mobil gemacht haben. Ähnliche Vorfälle soll es in Italien, Großbritannien und Belgien gegeben haben.

Tatsächlich hat der koreanische Filmemacher und Drehbuchautor Hwang Dong-hyuk messerscharfe Kapitalismuskritik in eine überzeichnete Geschichte mit blutigen Szenen verpackt, die ein wenig an Quentin-Tarantino-Filme erinnern. Judith Fürst hat sich die Serie angesehen und versucht, mit Fans, dem Korea-Experten Rüdiger Frank und dem katholischen Theologen und Mitglied in der Filmkommission der deutschen katholischen Bischofskonferenz, Joachim Valentin „Squid Game“ einzuordnen.

Impfpflicht: auch eine Frage von Religion und Ethik

Die Corona-Impfung sei für Musliminnen und Muslime „eine religiöse Pflicht“, sagt der österreichische Imam Tarafa Baghajati: „Jede Gefährdung des eigenen Lebens, aber noch viel mehr des anderen Lebens, ist eine große Sünde im Islam.“ Papst Franziskus sieht das ähnlich und spricht von einer „moralischen Pflicht": Sich impfen zu lassen habe „etwas mit Liebe zu tun“. In ganz Österreich gab es allerdings auch schon Demonstrationen gegen diese Maßnahmen, etwa in Graz oder St. Pölten vergangenen Samstag. In der Wiener Innenstadt waren am 20. November laut Polizei 40.000 unterwegs, um gegen die geplanten Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Die Stimmung war aufgeheizt.

Vor allem die am Tag zuvor von der Bundesregierung verkündete Impfpflicht ab Februar war ihnen ein Dorn im Auge. Viele wähnen sich in einer „Diktatur“ und scheuen gar vor Vergleichen zwischen den Corona-Maßnahmen mit den Nürnberger Gesetzen nicht zurück, was der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister als „geradezu pervers“ bezeichnet. Auch wenn das Recht auf individuelle Freiheit und Selbstbestimmung über den eigenen Körper ein elementares, starkes Grundrecht sei, so sei es kein schrankenloses, meint der evangelische Theologe und Ethiker Ulrich Körtner. Er sieht darum „keine ethisch zu rechtfertigenden Gründe, sich der Impfung verweigern“. Gestaltung: Maresi Engelmayer

Corona Krise: Frauenarmut im Fokus

Eine soeben veröffentlichte Studie der „Armutskonferenz“ über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Armutsbetroffene zeige, „wie wichtig ein existenzsicherndes und gutes Arbeitslosengeld ist, wie massiv sich beengtes Wohnen auf Bildung und Gesundheit der Kinder auswirkt – und wie stark Depressionen und Einsamkeit mit Existenzangst verbunden sind“, fasst Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk zusammen. In Österreich gelten rund 1,2 Millionen Menschen als armutsgefährdet. Die sogenannte Armutsgefährdungsschwelle hat im Vorjahr für einen Einpersonenhaushalt 1.328 Euro pro Monat betragen.

Gerade durch die Corona-Pandemie sei Armut ein ganzes Stück weiter in die Gesellschaft eingedrungen, heißt es auch von Seiten der Caritas. In den Beratungsstellen würden sich Menschen melden, die nie gedacht hätten, dass sie einmal die Hilfe der Caritas bräuchten, so die Hilfsorganisation. Besonders belastend sei dabei die Pandemie für Frauen, die häufiger den Arbeitsplatz verloren hätten als Männer. Insbesondere für Alleinerzieherinnen habe sich die Lage deutlich zugespitzt.

Am 25. November war der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“. Ein wichtiger Faktor dabei ist auch die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen, denn finanzielle Abhängigkeit macht es Frauen auch besonders schwer, Gewaltbeziehungen zu entfliehen. Andreas Mittendorfer war noch vor dem Lockdown mit der Caritas bei einem Lokalaugenschein zum Thema Frauenarmut in Salzburg.