Lebenskunst 12.12.2021

Bibelessay zu Lukas 3,10-18

Von der Notwendigkeit der Umkehr: Das Evangelium, das am dritten Adventsonntag in katholischen Kirchen zu hören ist, ist absolut aktuell. Das liegt weniger daran, dass darin von der Unterordnung Johannes des Täufers unter Jesus berichtet wird, als in den Aussagen, die Johannes selbst trifft.

Johannes tritt in der Wüste als Prophet, aber auch in priesterlicher Funktion auf. Er mahnt zur Umkehr und tauft diejenigen, die dazu bereit sind. Das heißt, er ermöglicht ihnen, ihre Sünden, ihre Vergehen abzulegen und im wahrsten Sinne des Wortes ein neues Leben zu beginnen.

Das „Untertauchen“ spielt bis heute im Judentum eine wichtige Rolle als religiöser Reinigungsritus und war auch in der Antike schon weit verbreitet. Johannes gestaltete es als eine eschatologische Zeichenhandlung um, als Warner vor dem Anbruch des Gerichtes Gottes gewährte er eine Möglichkeit der Umkehr.

Gerhard Langer

ist katholischer Theologe und Professor für Judaistik an der Universität Wien.

Sehen wir uns etwas genauer an, was Johannes fordert, um ein besseres Leben ohne Sünde zu gewährleisten. Dem Zöllner gibt er die Anweisung, nicht mehr korrupt zu sein, aber weder ihm noch dem Soldaten trägt er auf, den Beruf an den Nagel zu hängen. Der Soldat soll lediglich keine ausufernde Gewalt anwenden und sich nicht bereichern. Die radikalste Aussage ist wohl die: Wer zwei Gewänder hat, gebe eines her. Das würde bedeuten, dass man die Hälfte des Vermögens und Besitzes anderen, Bedürftigen gibt.

Ein mutiger Vorschlag, zweifellos, doch weder ganz unmöglich noch illusorisch. Johannes macht sich vielleicht gerade deshalb beliebt, weil er nichts Unmögliches will, weil er keine grundsätzliche Abkehr von dem verlangt, was man macht. Allerdings erwartet er eine Haltungsänderung. Wer seine Position zum eigenen Vorteil ausnützt, wer sich bereichert oder andere aufgrund seiner Stellung missbraucht, begeht in diesem Kontext eine Sünde. Johannes macht auch deutlich, dass Umkehr immer möglich ist.

Kein Wunder also, dass Johannes Zulauf bekam, dass manche seiner Zeitgenossinnen und -genossen glaubten, dass er der Messias sei. Das Evangelium bemüht sich deshalb, Johannes ganz als Jünger des Jesus von Nazareth darzustellen. Beeindruckend ist auch wie Johannes Jesus vorstellt. Denn dieser hat die Vollmacht, die Spreu vom Weizen zu trennen.

An dieser Stelle ist plötzlich die Rede von einem nie erlöschenden Feuer nach dem Gericht. Der Schwerpunkt liegt nun nicht mehr auf der Umkehr und dem erneuerten Leben, sondern auf dem Ernst der Entscheidung für Jesus. Innerhalb weniger Sätze hat sich der Fokus also verlagert, von einem Weckruf zur Umkehr zur ernsthaften Botschaft von Jesus, der nicht nur mit dem Heiligen Geist, sondern auch mit Feuer taufen wird, wie es Johannes ankündigt.

Das nie endende Feuer weckt Assoziationen an Höllenvorstellungen vergangener Zeiten, die Radikalität der Botschaft erschreckt. Wer ins Internet schaut und sich über die Feuertaufe erkundigt, wird dabei auch auf die eine oder andere erschreckende Auslegung stoßen. Viel zu oft wurde die Rede vom Gericht missbraucht, das Feuer wütete in der Kirchengeschichte gegen Ungläubige und vor allem gegen Juden und Jüdinnen. Ich denke, man sollte sich vielleicht wieder ein wenig mehr auf die Worte des Johannes beziehen und zur Umkehr mahnen, zu einer Umkehr, die schmerzlich, aber doch machbar bleibt.