Lebenskunst 25.12.2021, Christian Haidinger

Bibelessay zu Lk 2,15-20

Man höre und staune – Seit fast zwei Jahren sind wir von Corona geplagt, einige Lockdowns und andere Unannehmlichkeiten haben wir bereits durchlitten. Und jetzt feiern Menschen weltweit Weihnachten, – das Fest der Liebe und der Freude!

Vertraut seit Kindestagen, oft eingerahmt von sehr individuellen Familientraditionen. Und doch: an diesen Weihnachten aber ist vieles anders als gewohnt. Wir sind nicht mehr dieselben wie vor der Pandemie. Die Botschaft der Weihnacht aber ist die gleiche geblieben, wie sie alle, die dieses Fest feiern, seit Kindertagen kennen, wie seit „Christi Geburt“, an der sich ja sogar unsere Zeitrechnung misst: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt!“ So klingt es in alten und weniger alten Texten und Liedern.

Christian Haidinger
ist emeritierter Abt des Stiftes Altenburg

Fast zu groß ist diese Botschaft, für die Menschen damals und heute. Dennoch: die Hirten brachen auf mit geweckter Neugier, mit ungläubigem Staunen, vielleicht aber auch schon mit wachgerufener Hoffnung – so meine ich es wenigstens aus ihrem spontanen Entschluss herauszuhören: „Lasst uns nach Bethlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat!“

Heißt das für die Menschen, die diese Erzählung hören: lasst uns Weihnachten feiern wie immer, wie wir es gewohnt sind – und dann uns wieder dem Alltag, vielleicht noch kurze Zeit mit, dann aber doch bald ohne Corona zu widmen? Nicht ganz, denn von den Hirten in Bethlehem heißt es in dem biblischen Text, der gerade zu hören war: „Sie eilten hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, dass ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.“

Die Weihnachtsbotschaft zu „verstehen“, zu begreifen und intellektuell zu erfassen ist schwierig. Es übersteigt den menschlichen Verstehenshorizont, damals und auch heute.
Aber ich meine, man kann sich vom Staunen der Hirten und aller, die von diesem Ereignis hörten, wieder ganz neu berühren und anstecken lassen. „Man höre und staune!“ – eine Wortwendung, ein Anruf, den man doch auch sonst im ganz profanen Bereich bisweilen verwendet und befolgt. Und selbst „ungläubiges Staunen“ kann den Menschen eine ganz neue Sicht auf ein außergewöhnliches Ereignis eröffnen.

Gerne ermutige ich dazu, die Einladung der Hirten anzunehmen: „Lasst uns nach Bethlehem gehen, um das Ereignis zu sehen!“ Die Hirten von damals können mich – und ich denke, viele der Mitmenschen – zu einem hoffnungsvollen Staunen über diese außergewöhnliche und wunderbare Botschaft von Weihnachten ermutigen. Und zu einem weihnachtlichen Lächeln. Wie ein roter Faden zieht sich durch mein Leben das bekannte Sprichwort: „Es gibt Zufälle, hinter denen Gott lächelt.“

In ganz unterschiedlichen Lebenssituationen und Ereignissen durfte ich das lächelnde und ermutigende Gesicht Gottes entdecken! Das Leben ist gewiss nicht immer leicht, keine Frage, aber indem Menschen eine Grundhaltung des Vertrauens und der Dankbarkeit pflegen, gelingt vieles und wird vieles geschenkt. Vielleicht kann uns allen diese Haltung sogar in der schon so lange quälenden „Coronazeit“ ein echtes Weihnachtsfest bescheren!