Lebenskunst 6.1.2022, Markus Bugnyar

Bibelessay zu Mt 2, 1-12

Es ist der Stern, der die Hauptrolle in dieser Erzählung spielt. Zeichen am Firmament deuteten die Menschen einst als göttliche Hinweise, das Geschehen auf Erden richtig einzuordnen. Ein heller Stern erschien nicht nur einmal, um dem Volk die Geburt eines neuen Herrschers zu verkünden.

Vielleicht war man bei diesen Anlässen auch nur bloß aufmerksamer auf der Suche nach solchen Phänomenen. Der Stern erregte die Aufmerksamkeit der Magier. Anders als heute sind nicht Zaubertricks ihr Handwerk, sondern das kundige Verstehen der Himmelskörper. Der Stern erregt aber auch König Herodes. Denn in seinem Haus weckte ihn in diesen Tagen kein Neugeborenes. Wollte der Himmel selbst ihm zeigen, dass seine Dynastie zu Ende ging?

Markus Bugnyar
ist Rektor des österreichischen Pilger-Hospizes in Jerusalem.

Akribisch – so heißt es zweimal im griechischen Text -, penibel und ganz genau lässt Herodes seine Schriftgelehrten Bücher wälzen und instruiert die Sterndeuter, was zu tun ist. Hier ist jemand hochnervös. Wegen eines kleinen Sternes. Wegen großer Politik.

Herodes starb vor langer Zeit. Hat er Nachkommen? Von Jesus hört man noch heute. Seine Jüngerschar ist unzählbar wie die sprichwörtlichen Sterne am Himmel. Insofern behält Matthäus recht: Die Weisen aus dem Osten wussten schon zu Beginn, gleich nach der Geburt Jesu, dass hier etwas Neues und Großes im Entstehen begriffen ist.

Der Evangelist eignet sich hier vermutlich eine Erinnerung an, die die Menschen der damaligen Zeit tief beeindruckte. Im Jahr 66 nach Christus machte sich Tiridates I., König der Armenier, auf den Weg nach Rom zu Kaiser Nero. Begleitet von einer maßlos vielfältigen Eskorte: seine Frau, seine Kinder, seine Geschwister, seine Regionalfürsten und Prinzen, seine Weisen und Sterndeuter und etwa 3.000 Männer zu Pferd. Ausnahmslos in aufwändiger, farbenfroher, bislang ungesehener und fremdartiger Kleidung.

Die Autoren der Zeit schildern uns, welch Neugierde und Begeisterung diese Karawane aus dem Osten nicht erst in Rom, sondern bereits den ganzen Weg entlang entfachte. Für Matthäus endete diese Reise des Tiridates nicht bei Nero in Rom, sondern bei Jesus in Bethlehem.

Seine aktuelle Botschaft: Bescheidenheit siegt über Pomp, Demut über Arroganz. Zuerst waren es die Hirten, die ihren Weg zur Krippe fanden; also die nicht gerade Wohlhabenden und Angesehenen in einer Gesellschaft. Und dann gesellen sich die Weisen und Könige hinzu. Hier gibt es Platz für jeden. Auch für jene, deren Kleidung uns auf den ersten Blick fremd erscheint.