Nach dem Grund befragt, habe Grillparzer geantwortet: „Er (Hebbel) ist imstande, das Gespräch auf Gott zu bringen; er weiß, was Gott ist, und ich weiß es nicht. Das ist mir unangenehm…“.
Grillparzers Nichtwissen ist weniger Anzeichen einer Verlegenheit, als der Ausdruck für ein Denken, das sich der Versuchung schneller Definitionen und Reizworte entzieht.
Arno Dusini
ist Germanist und lehrt an der Universität Wien
Ein Satz wie Nietzsches „Gott ist tot“, behaupte ich, wäre Grillparzer nicht einmal im Drama eingefallen. Schon deshalb, weil er daran glaubte, dass „die Irreligiosen“ religiöser sind „als sie selbst wissen“ – und „die Religiosen sinds weniger als sie meinen“. Aber selbst wenn dem aus einer Juristenfamilie stammenden, von Aufklärung und Josephinismus geprägten Grillparzer ein Satz, wie der von Nietzsche eingefallen wäre, dann wäre er ihm nicht über die Lippen gekommen: er hätte ihn ganz einfach für unterkomplex gehalten.
Grillparzer war nie bereit, von entscheidenden Zusammenhängen abzusehen. Von Gott zu sprechen, heißt für Grillparzer notwendig von Seele und Unseligem zu reden, von den Religionen, auch ihrer Gewaltgeschichte, vom Verhältnis von Kirche und Staat und Recht. In „Gottes Namen“ wird bei Grillparzer nichts legitimiert. Gelegen war ihm vielmehr daran, die Verflechtungen und Verstrickungen der verschiedenen Instanzen zu protokollieren. Und diese stellen sich alles andere, als harmonisch dar.
Davon gibt auch Grillparzers schönste Erzählung, „Der arme Spielmann“, Zeugnis. Dort klagt der alte, Geige spielende Spielmann: „Sie spielen den Wolfgang Amadeus Mozart und den Sebastian Bach, aber den lieben Gott spielt Keiner“. Was er allerdings, wenn der liebe Gott am Programm steht, auf seinem „vielzersprungenen“ Instrument zusammenbringt, ist „Ohrenfolter“. Es ist, daran lässt die Erzählung keinen Zweifel, ein „höllisches Konzert“.