Sonntag, 16.1.2022, Rosemarie Ambichl

Kalenderspruch

Auf einer der ersten Seiten meines neuen Kalenders steht ein Zitat von Marie von Ebner–Eschenbach: „Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben“.

Wow, denke ich, welche Zeitdimension wird da aufgespannt – Augenblick und Leben!
Am Beginn des Neuen Jahres 2022, wo laut Fachleuten eine Omikron-Wand auf uns zukommt und ich noch nicht weiß, ob es mich Dreifach-Geimpfte treffen wird, und wenn ja: wie? Ein Augenblick, ein Jahr, ein ganzes Leben – wie kann ich etwas, das auf mich zukommt, beherrschen wollen? Wo ich mich doch nicht mal selbst beherrschen kann, wenn im Advent die ersten Weihnachtskekse angeboten werden?


Rosemarie Ambichl

ist pensionierte katholische Krankenhausseelsorgerin und lebt in Wien

Ist vielleicht hier die Wurzel des Gemeinten zu suchen? Wie begegne ich dem Geschenk des Augenblicks, dem neu geschenkten Jahr, meinem Leben?
„Der Augenblick ist Gottes Gewand“, sagt Martin Buber, und so komme ich dem Gedanken der Begegnung näher. Der Augenblick ist die kleinste Einheit der mir geschenkten Lebenszeit. Im konkreten Augenblick übe ich mich ein, in die Begegnung mit dem Größeren, in die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für dieses Geschenk. Sodass ich sie nicht vergeude, den Augenblick und das Leben.