Praxis – Religion und Gesellschaft 25.5.2022

Frieden – zu welchem Preis?

Bischof Pawlo Shwarts aus Charkiw | Protestantische Kirchen und die Politik | Der Frieden und sein Preis

Ukrainischer Bischof über Ökumene und russische Propaganda im Westen

Der Bischof der kleinen deutschen evangelisch-lutherischen Kirche in der Ukraine, Pawlo Shwarts aus Charkiw, befürchtet, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine noch lange dauern könnte. Die Forderungen nach mehr Waffen des ukrainischen Präsidenten unterstützt der Geistliche, der kürzlich bei einem Treffen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) in Wien war. Es sei weder den evangelischen noch der katholischen Kirche in seiner Heimat gelungen, einen Dialog mit der Orthodoxie aufzubauen.

Praxis
Mittwoch, 25.5.2022, 16.05 Uhr, Ö1

Es stelle sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit von ökumenischen Beziehungen in der aktuellen Situation, denn „diese militaristische Rhetorik findet man nicht nur beim Patriarchen, sondern auch bei anderen Geistlichen und Pfarrern dieser Kirche“. Zur Diskussion in Deutschland rund um jene überwiegend protestantischen „Russlanddeutschen“, die Sympathien für Putin hegten, meint der Bischof: In den recht abgeschlossenen Communities im Westen hätten aus Russland emigrierte Protestanten und Protestantinnen die eigene Geschichte in der Sowjetunion nachträglich romantisiert und seien daher anfälliger für russische Propaganda. – Gestaltung: Andreas Mittendorfer

Protestantische Kirchen – nationalistisch oder kosmopolitisch?

Nicht zuletzt aufgrund ihrer Landeskirchenstruktur sind die protestantischen Kirchen meist auch eng mit der jeweiligen politischen Führung ihres Landes konfrontiert, nicht nur was ihre Positionierung im Ukrainekrieg betrifft. Die Queen ist Oberhaupt der anglikanischen „Church of England“. In Dänemark stand ebenfalls lange Zeit der Souverän an der Spitze der evangelisch-lutherischen Kirche, die bis heute Züge einer Staatskirche trägt.

Auch in Ungarn besteht eine enge Beziehung zwischen der Reformierten Kirche und der Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán, während die Protestanten und Protestantinnen im laizistischen Frankreich ihre Rolle ganz anders auslegen würden. „Zwischen Nationalismus und Kosmopolitanismus“ lautete das Motto des diesjährigen Treffens der „Young GEKE“, über das sich 24 protestantische Jugendliche aus zwölf Ländern austauschten. Sich mit der eigenen Kirchengeschichte auseinanderzusetzen, könne helfen, die Gegenwart besser zu verstehen, meint bei dieser Gelegenheit der frühere evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. Denn auch ihn selbst hätte seine Geschichte „als Kind Kärntner Kryptoprotestanten“ geprägt. – Gestaltung: Maria Harmer

„Give Peace a Chance" – Der Frieden und sein Preis

Aufgenommen bei einem „Bed-in" von John Lennon und Yoko Ono im Queen-Elizabeth-Hotel in Montreal 1969 hat der Song „Give Peace a Chance" längst Hymnenstatus. Folgerichtig ist er wohl auch deshalb am 4. März dieses Jahres, eine Woche nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, aus vielen Radiostationen Europas gleichzeitig um 8.45 Uhr erklungen: Give Peace a Chance, gebt dem Frieden eine Chance. Doch knapp 13 Wochen nach Kriegsbeginn ist nicht einmal ein Waffenstillstand in greifbarer Nähe.

Der Schock im Europa des 21. Jahrhunderts sitzt tief. Was kaum jemand mehr für möglich gehalten hätte, ist plötzlich Realität: Krieg auf europäischem Boden, die Angst vor einem Dritten Weltkrieg, vor dem Einsatz von Atomwaffen und weltweite Begleiterscheinungen wie Nahrungsmittelengpässe, Inflation und Fluchtbewegungen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einer Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik – Aufrüstung als Konsequenz. Doch: Wie soll und kann man wieder zu einem friedlichen Miteinander finden, wie dem Frieden eine Chance geben? Und welcher Preis ist dafür gerechtfertigt? – Gestaltung: Susanne Krischke

Moderation: Alexandra Mantler