Mittwoch, 10.8.2022, Michaela Obertscheider

Macht schnell langsam!

Warum und wofür Entschleunigen? Wofür so viel Ge-TUE ums Nichts Tun? Es gibt eine Metapher für übermäßige Erschöpfung und wie das geschehen kann, dass wir unsere Belastungsgrenze übersehen. Oder vielmehr über-spüren.

Die Metapher hat mit einem Frosch zu tun. Den wir, nur für das Fallbeispiel und nur in Gedanken in einen Topf mit siedendem Wasser gleiten lassen. Der Frosch realisiert die Lebensgefahr durch die extreme Hitze und rettet sich mit einem kraftvollen Sprung sofort nach draußen. Wenn wir aber einen Frosch in einen Topf mit lauwarmem Wasser setzen, wird er schwimmend seine Umgebung genießen. Nun werden – würden – wir das Wasser langsam erhitzen. Sehr langsam und in kleinsten Stufen. Der Frosch schwimmt. Es gibt keine Möglichkeit für ihn, die Hitze wahrzunehmen und als Gefahr zur erkennen. Vielleicht fühlt er sich ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr sehr wohl, hat eventuell sogar Schmerzen, aber keine Idee, woher das rühren könnte. So stirbt der Frosch.

Michaela Obertscheider
ist Kabarettistin, Theaterregisseurin und Resilienztrainerin

Eine freundliche Selbstbeziehung

Lebenskunst heißt für mich, die Zeit zu haben, um mich selber zu erfahren, zu ergründen und auf Kleinigkeiten an der Grenze zu anderen zu achten. An der Grenze zur Welt noch reagieren zu können. Um zu wissen, wie ich mich fühle und wer ich bin, überprüfe ich immer wieder meine innere Welt und mein DA-Sein. Und da empfehle ich, auch mir selbst, Achtsamkeit im Tun. Und fallweises Nichtstun. Verzichten auf etwas Reizvolles. Ein Abenteuer weniger. Ein Stück Konsum bleibt liegen. So wie ich auch. Präventives Faul-Sein. Schaukelnde Revolution in der Hängematte.

Eine freundliche Selbstbeziehung ist für mich eine wesentliche Voraussetzung im Umgang mit Lernkultur und daher auch für Innovation. Und ich kann mich nur beziehen, wenn meine Aufmerksamkeit nicht abgezogen wird. Dann bin ich DA. Und wenn ich grundsätzlich mit mir zufrieden bin, kann ich mir von DA weg besser leisten, auf dem Weg zum nächsten Entwicklungsschritt Fehler zu machen. Ich stecke nicht irgendwo fehlerfrei, aber starr fest. Nein, ich bin dann im Werden. Und wie schön, wenn ich mich selbst dahin mitnehmen kann… Erfrischt. Erfreut. Und frei.