Zwischenruf 7.8.2022, Margit Hauft

„Ideen für die Zukunft“

Verzicht liegt im Trend: Verzicht auf Fett und Kalorien, Verzicht auf Fleisch und Flugzeug, Verzicht auf Auto und Plastikmüll, Verzicht auf Hetze und Vorurteile.

Ja beinahe ist es so, dass derjenige, der nicht verzichtet, sich rechtfertigen muss. Verzicht für ein besseres Leben, für ein gesünderes Aussehen, für Umwelt und nachfolgende Generationen, für ein friedvolleres Miteinander und gerechteres Leben für alle.

Margit Hauft
ist ehemalige Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Österreichs

Was sich vor wenigen Jahren eher in einer religiösen Nische abspielte – „Weniger ist mehr!“ – das erfreut sich heute anscheinend einer breiten Akzeptanz. Irgendwie scheint sich das Bewusstsein durchzusetzen, dass Haben und ein Immer-Mehr nicht alles sind, ja dass ein Weniger gut ist, auch weil es anderen nutzt, dass uns ein „Wir“ weiterbringt als ein bloßes „Ich“.

Verbot und Verzicht schonen Ressourcen

Und doch lähmt andererseits ein Reflex die politischen Debatten um den Klimawandel. Sobald es um Maßnahmen geht, die Einschränkungen bedeuten, ist die Empörung groß: Tempolimit? Der sichere Weg in die Ökodiktatur! Veggie-Day? Ich werde doch wenigstens meine Art zu essen noch selbst bestimmen dürfen! Herabsetzung der Raumtemperatur? Etwas für pullovertragende Gutmenschen… Kommentare dieser Art wären beliebig fortsetzbar, dabei waren Verbot und Verzicht lange bewährte Instrumente, um Ressourcen zu schonen oder ökologische Krisen zu bewältigen, erinnern wir uns an das FCKW–Verbot.

Ein deutscher Ökonom hat diese „Opposition gegen alles“ untersucht und führt sie auf eine Haltung zurück, die im Staat einen Gegner sieht und individuelle Konsumentscheidungen über moralische und ökologische Bedenken stellt. Dieser Geist der zweifelhaften Freiheit hat allerdings eine Politik des Unterlassens hervorgebracht, die sich scheut, das Offensichtliche auszusprechen: dass ein Weg aus dem derzeitigen Krisenbündel ohne Verbot und Verzicht nicht gelingen wird.

Zwischenruf
Sonntag, 7.8.2022, 6.55 Uhr, Ö1

Die einfache und nachhaltige Lebensführung als Zukunftsmodell

„Wir müssen auf alles Mögliche verzichten, wenn wir das Unmögliche möglich machen wollen.“ Das klingt ja zugegebenermaßen nicht sehr prickelnd, aber bevor wir uns nur regelmäßig zum Jammern treffen, um dort der einfachsten aller Jagdarten nachzugehen, der Jagd nach Sündenböcken, wäre es doch sinnvoll, die eigenen Stärken und Schwächen zu analysieren, vorhandene Ideen zu sichten und Verbündete zu suchen. Seit längerer Zeit gibt es zum Beispiel gut funktionierende Kost-nix-Läden, in denen die einen Dinge abgeben, die sie nicht mehr brauchen und andere sie kostenlos mitnehmen können.

Einen interessanten Aufruf habe ich gerade vor einigen Tagen gelesen: Macht bitte mit in unserer wachsenden Gruppe, wir tauschen und verkaufen, wir verschenken und leihen einander Dinge, die nicht jeder einzelne besitzen muss. Wir bieten Mitfahrgelegenheit und retten Lebensmittel. Mit unseren Talenten, welcher Art auch immer sie sind, erleichtern wir uns gegenseitig den Alltag.

Was hier im Kleinen schon erfolgreich betrieben wird, könnte doch auch im Großen Schule machen, wenn Gemeinden gemeinsam ein schon länger angedachtes Naturbad betreiben oder sich den Aufwand für Sportstätten teilen, wenn sich also jenseits von Konkurrenzdenken viele im positiven Sinn verantwortlich fühlen. Und plötzlich wird die gute, alte christlich begründete einfache und nachhaltige Lebensführung zum Zukunftsmodell.