Donnerstag, 22.9.2022, Hubert Gaisbauer

Vom Welken und Bewässern

Wer sich an der Schönheit oder an der Nähr- und Heilkraft oder am Wohlgeschmack von Pflanze, Blume, oder am Ertrag von Strauch und Baum erfreut, weiß, dass das Wichtigste dabei die sachgemäße Bewässerung ist.

Teresa von Avila, eine Ordensfrau mystisch und handfest, schreibt in ihrer Selbstbiografie: „Als gute Gärtner haben wir zu sorgen, dass die Pflanzen wachsen. Müssen begießen, damit die Blumen nicht verwelken, sondern mit ihrem Wohlgeruch den Herrn erfreuen.“ Und Teresa weiter – ganz praktisch: „Meines Erachtens kann die Bewässerung auf verschiedene Weise geschehen. Entweder schöpft man das Wasser mit großer Mühe aus einem Brunnen; oder wie ich selber schon öfter getan, mittels eines Schöpfrades, das man dreht; oder man leitet gleich das Wasser aus einem Flusse oder einem Bache dorthin, wo es nottut …“.

Hubert Gaisbauer

ist Publizist

Wenn man versucht ist, alles stehen zu lassen

Teresa vergleicht dann Wachstum und Bewässerung der Pflanze mit dem Gebetsleben der Seele. Zum Beispiel, wenn die Trockenheit darüber herfällt. Wenn so große Unlust zum Selber-Wasser-Schöpfen besteht und man versucht ist, alles stehen zu lassen. Denn oftmals kann man ja nicht einmal mehr die Arme heben – das heißt: einen guten Gedanken fassen. Es genügt, schreibt sie, dass wir den Willen haben, „in seinem – heißt unserem – Garten zu graben und in seiner – also Gottes – Gegenwart zu bleiben. …Gefällt es ihm, dass bei den einen Gemüse und Blumen wachsen, da er ihnen Wasser gibt, bei den anderen aber, dass er ihnen solches vorenthält: Ich sorge mich nicht darum“, steht doch beim Propheten Jeremia:

„Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt / und stärkt deine Glieder. Du gleichst einem bewässerten Garten, / einer Quelle, deren Wasser nicht trügt“.