Praxis – Religion und Gesellschaft 19.10.2022

Engpass im Lerncafé

Stichwahl in Brasilien | Muslim Contemporary | Lerncafés der Caritas

Stichwahl in Brasilien – Wie die Evangelikalen mitmischen

In Brasilien stellen sich am 30. Oktober der amtierende extrem rechte Jair Bolsonaro und der ehemalige linke Präsident in den Jahren 2003 bis 2011, Luiz Inácio Lula da Silva, einer Stichwahl. Schon bisher haben die evangelikalen Kirchen in der Politik und im Wahlkampf kräftig mitgemischt, allen voran die Mega-Pfingstkirche „Assembleia de Deus Vitória em Cristo“ unter der Leitung des prominenten Tele-Predigers Silas Lima Malafaia, eines engen Vertrauten von Amtsinhaber Jair Bolsonaro. In den großen evangelikalen Kirchen wird eine Art „Wohlstandsevangelium“ gepredigt: Wer Gott huldigt, darf sich auf Reichtum freuen.

Praxis
Mittwoch, 19.10.2022, 16.05 Uhr, Ö1

Von Jair Bolsonaro wurden diese Kirchen mit Vergünstigungen unterstützt, deutlich kühler ist sein Verhältnis zur katholischen Kirche: Im Teich der katholischen Wählerinnen und Wähler versucht Herausforderer Lula da Silva, selbst ebenfalls katholisch, zu fischen. Doch selbst wenn er die Stichwahl für sich entscheidet, steht er den mächtigen Pfingstkirchen und ihren Vertretern in politischen Funktionen gegenüber. Rund 30 Prozent der Bevölkerung gehören einer evangelikalen Kirche an, in zehn Jahren, davon gehen Schätzungen aus, könnten sie den Katholizismus als größte Glaubensgemeinschaft ablösen. – Gestaltung: Ernst Kernmayer

Muslim Contemporary – mit Kunst gegen Diskriminierung

Konzerte am Wiener Brunnenmarkt, Workshops gegen Rassismus und Podiumsdiskussionen: Bereits zum zweiten Mal fand die Muslim Contemporary in Wien statt. Sie ist Teil des länderübergreifenden „Transalpinen Festivals“ im deutschen Sprachraum. Im Zentrum steht die künstlerische Bearbeitung von und der Austausch über Diskriminierungserfahrungen von marginalisierten Gruppen. Eines der Workshopthemen ist „Strategien und Analysen der Kriminalisierung von muslimischen Individuen und Organisationen“. Dabei geht es etwa auch darum, inwieweit Musliminnen und Muslime medialen Negativkampagnen ausgesetzt sind und welche Feindbilder dadurch vermittelt werden. Lena Göbl hat sich für PRAXIS umgesehen und mit Betroffenen gesprochen.

Lerncafés der Caritas – Große Nachfrage, wenig Plätze

Die Nachfrage nach Plätzen in den Lerncafés der Caritas ist derzeit besonders groß: Hier bekommen Schülerinnen und Schüler kostenlose Unterstützung beim Lernen. Gründe für die verstärkte Nachfrage sind coronabedingte Lerndefizite und die massiven Teuerungen, die Nachhilfe für viele Familien nicht mehr leistbar machen. 99 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die derzeit Unterstützung bekommen, wollen ihre Plätze das ganze Jahr über behalten, heißt es von Seiten der Caritas-Lerncafés, das bedeutet, es gibt keine Plätze mehr für weitere Interessentinnen und Interessenten.

Standortleiterinnen berichten, dass ihre Diensthandys im Dauereinsatz sind: Eltern mit oft geringen Deutschkenntnissen und knappen finanziellen Ressourcen bitten um einen Platz für ihre Kinder, müssen jedoch darauf vertröstet werden, dass eventuell in ein bis zwei Jahren wieder ein Platz frei wird. Obwohl die Lerncafés intensiv ausgebaut werden, fehlt es an Räumlichkeiten, an ausreichendem Personal und vor allem an einer langfristigen Finanzierung. In Wien denkt man deshalb darüber nach, zusätzliche Plätze durch die schon pandemieerprobten Ferncafés zu schaffen, Kindern also auch online Nachhilfe anzubieten. – Gestaltung: Lisa Ganglbaur

Moderation: Judith Fürst