Montag, 28.11.2022, Daniel Landau

„Zueinander finden“

Wunsch ans Christkind

Am 10. Dezember 2021, vor nicht einmal einem Jahr, auf Twitter: Jemand hatte vorgeschlagen, lassen wir uns doch diese lauten Demonstrationen nicht mehr gefallen, wehren wir uns, lautstark. Meine Reaktion damals: Aber könnte das nicht erst recht wieder weitere Gewalt hervorrufen? Gleichsam „Hass auf Hass“, für mich niemals eine gute Antwort.

In diesem Twittergespräch tauchte plötzlich Roman Scamoni aus Innsbruck auf. Ich kannte ihn nicht. Er schrieb, er suche jemanden, der ihm vielleicht helfen könne, in Wien eine Art Lichtermeer zu veranstalten. Ich spürte sofort, das resoniert in mir. Nach nicht einmal fünf Minuten telefonierten wir.

Daniel Landau
ist Bildungskoordinator (für ukrainische Schutzsuchende)

Eine Art Lichtermeer

Die Idee: ein Lichterkranz um den ganzen Ring. Jede einzelne Kerze sollte an einen an oder mit Covid verstorbenen Menschen erinnern, damals bereits über 13.000. Gesichter, Schicksale, Geschichten. Gemeinsames, stilles und friedliches Trauern. Ich denke, das ist für jede Gesellschaft wichtig, tut ihr gut.

Die Idee zweier Menschen aus der Zivilgesellschaft ist rasant gewachsen. Unterstützer:innen waren rasch gefunden, Medien, NGOs, Künstler:innen, Religionsgemeinschaften wie Politiker:innen haben sich der Idee angeschlossen. Schließlich der Name YesWeCare, geboren in der Runde erster Unterstützer:innen. Ein klares Bekenntnis zum „Ja, wir sorgen uns umeinander, wir sind einander nicht egal. Das ist die Gesellschaft, die wir uns wünschen“.

Der 19. Dezember 2021: Wohl weit über 50.000 Menschen hatten sich friedlich am Ring versammelt. Darunter viele Familien, Kinder, ältere Menschen. Einige meinten, es wäre ihre allererste Demonstration. Wir hatten Minuten geschwiegen und ein Licht entzündet: für Menschen, Verstorbene, Ärztinnen, Pflegerinnen. Ein Licht für alle, die in Nächstenliebe, in Solidarität, miteinander verbunden waren und das noch immer sind.