Mittwoch, 15.3.2023, Hubert Gaisbauer

Il peccatore – der Sünder

Zehn Jahre Papst Franziskus. Wer bin ich, fragt Franziskus, seit nunmehr zehn Jahren Bischof von Rom, also Papst.

Wer bin ich? Und er gibt sich dann selber die Antwort: „Ich bin – ich will nicht sagen: ‚ein armer Teufel‘, aber ich bin ein ganz normaler Mensch, der tut, was er kann. Ich bin ein Sünder, der immer wieder auch das Falsche tut.“

Viele Menschen verdrehen die Augen. Sünder und Sünde, das sind Un-Worte geworden, verwendet vielleicht, wenn man bagatellisieren oder kokettieren möchte, eine Jugendsünde, oder: eine Sünde wert – und so.

Hubert Gaisbauer
ist Publizist

Die Geduld Gottes

Franziskus bagatellisiert und kokettiert nicht, wenn er sagt: „Ich bin ein Sünder, den Gott angeschaut hat“ – so erklärt er seinen Wahlspruch „miserando atque eligendo“ – im Erbarmen gewählt. Damit erinnert Franziskus an den Bericht der Berufung des Zöllners und späteren Evangelisten Matthäus, wie der am Kassatisch der Zollstation sitzt und Geld zählt. Aufblickend hat Matthäus vielleicht Jesus gefragt: Mich meinst du? Mich, den korrupten Steuereintreiber? Ja, dich. Und der Zöllner folgte ihm.

Im Kontakt mit diesem Jesus gibt es viele Sünder und Sünderinnen, die am Ende gut wegkommen. Die öffentliche Sünderin Maria Magdalena zum Beispiel, sie wurde schließlich sogar ex aequo unter die zwölf Apostel gereiht. Nur die Unbelehrbaren und die Unbekehrbaren, so sagt es Papst Franziskus immer wieder, die Geizkrägen, die Zwiespaltsäer, die Kriegstreiber und Mauernbauer, die wird Gott –– „hinwegfegen“.

Wenige Tage vor seiner Priesterweihe hat der junge Jesuit Jorge Mario Bergoglio sein ganz persönliches Glaubensbekenntnis auf einen Zettel geschrieben, den er immer bei sich trägt: „Ich glaube an die Geduld Gottes, die mich aufnimmt und die gut ist wie eine Sommernacht“. Menschliche Sünde und göttliches Erbarmen – Mensch und Gott – gehören für Franziskus zusammen. Wenn es keine Sünder gäbe, würde Gott sehr einsam sein – im Himmel.