Praxis – Religion und Gesellschaft 15.3.2023

Franziskus: Zölibat nicht unantastbar

Reformvorschläge für katholische Kirche | Diskursänderung zum Ukrainekrieg | City of David in Jerusalem | Eizellen auf Abruf

Synodaler Weg: 15 Reformvorschläge für katholische Kirche

Während in Deutschland die Beratungen zum Synodalen Weg zu Ende gegangen sind, zu jenem Reformprozess, der in der katholischen Kirche des Landes infolge des Missbrauchsskandals initiiert worden ist, hat Papst Franziskus dieser Tage in einem Interview mit einem argentinischen Nachrichtenportal aufhorchen lassen. Der Zölibat für Priester der Westkirche sei nicht in Stein gemeißelt, es läge kein Widerspruch darin, dass ein Priester heiraten könne, so der Papst.

Praxis
Mittwoch, 14.3.2023, 16.05 Uhr, Ö1

Um den Pflichtzölibat ist es unter anderem auch bei den Beratungen zum Synodalen Weg in Deutschland gegangen, in erster Linie aber darum, wie durch die zahlreichen Missbrauchsfälle verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden könne. Insgesamt sind bei der abschließenden Versammlung 15 Beschlüsse gefasst worden, die der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, auch in die Weltsynode einbringen will, wo im Zuge des sogenannten Synodalen Prozesses Reformvorschläge aus allen Teilen der Weltkirche gesammelt werden.

Beraten worden ist über die Rolle der Frau in der katholischen Kirche, etwa ihre Zulassung zum Diakonat, die Sexualmoral oder eine Änderung im Umgang mit Angehörigen der LGBTQI-Community. Aus dem Vatikan gab es zuletzt auch Unmut über die Reformvorstellungen in Deutschland und die Warnung vor einer Kirchenspaltung. Andreas Pfeifer hat die Beratungen in Deutschland für PRAXIS verfolgt.

Ukraine-Krieg: Diskursänderung in Europa

Der Diskurs in Europa zum Krieg in der Ukraine hat sich verändert, weiterentwickelt. Bestes Beispiel: die Waffenlieferungen der westlichen Staatengemeinschaft. Waren es noch zu Beginn Verteidigungswaffen, so fordert die Ukraine mittlerweile Kampfpanzer und Kampfflugzeuge. Geradezu paralysiert haben Staaten wie Deutschland und Österreich auf die Gaslieferungen aus Russland gestarrt. Die Angst vor einem eiskalten Winter war groß.

Doch nun ist der Winter so gut wie überstanden, die Energiewende könnte durch die Furcht vor Engpässen in der Gaslieferung Auftrieb bekommen haben, die Zeit des Neoliberalismus scheint vorbei. Kampfpanzer werden inzwischen auch geliefert, Friedensforscher:innen sehen allerdings kritisch, dass diplomatischen Bemühungen, den Krieg zu beenden, im öffentlichen Diskurs viel zu wenig Raum gegeben werde. Susanne Krischke hat mit dem katholischen Militärbischof Werner Freistetter sowie mit Friedens- und Konfliktforscher:innen gesprochen.

Archäologie in Israel: Zankapfel zwischen Palästinensern und Israelis

Die Archäologie im Heiligen Land liefert nicht nur faszinierende Erkenntnisse über die Vergangenheit, sie ist zugleich auch Zankapfel im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Im Streit um Land berufen sich beide Seiten immer wieder auf die Geschichte – und darauf, wie diese heute zu deuten sei. Besonders umkämpft ist dabei die Stadt Jerusalem und der arabische Stadtteil Silwan. Hier hat vor mehr als 3000 Jahren Jerusalem seinen Anfang genommen, hier befindet sich der israelische Archäologie-Park „City of David“, die Stadt König Davids, und hier erwerben auch immer mehr religiöse Juden Häuser, um dem Ursprung Jerusalems nahe zu sein – sehr zum Unmut der arabisch-palästinensischen Bewohner Silwans. Sie fürchten, dass das historische Erbe dazu missbraucht wird, sie in der Gegenwart zu verdrängen. Aus Jerusalem berichtet Nikolaus Wildner.

Social egg freezing: Eizellen auf Abruf

Was tut eine Frau, wenn sie mit ihrer Karriere alle Hände voll zu tun, den passenden Partner noch nicht gefunden oder einfach das Gefühl hat, der richtige Zeitpunkt dafür, Kinder zu bekommen, sei noch nicht gekommen? Eine Möglichkeit ist das sogenannte „social egg freezing“, das Einfrieren eigener Eizellen, um für eine erwünschte Schwangerschaft zu einem späteren Zeitpunkt jüngere Eizellen zur Verfügung und damit eine größere Chance auf Nachwuchs zu haben.

In Österreich ist social egg freezing, also das Einfrieren gesunder Eizellen ohne medizinische Indikation verboten, in den USA hingegen wird es manchmal sogar vom Arbeitgeber finanziert. Doch social egg freezing wird stark tabuisiert: Ist es moralisch vertretbar? Welche Vorteile bringt und welche Gefahren birgt es? Ist die Methode dazu angetan, Frauen unter Druck zu setzen, den Zeitpunkt einer Schwangerschaft nach den Bedürfnissen ihres Arbeitslebens oder gar ihrer Arbeitgeber zu richten? Irene Klissenbauer hat für PRAXIS mit Expertinnen über Möglichkeiten und Gefahren, sowie mit Frauen über ihre Beweggründe gesprochen, social egg freezing in Anspruch zu nehmen.

Moderation: Judith Fürst