Die Bibel ist von der ersten bis zur letzten Seite voller Querverweise. Die uralten Texte wurden von unzähligen Händen geformt, bearbeitet, umgeschrieben und miteinander verflochten. Einzelne Wörter oder ganze Themenkomplexe klingen immer wieder an. Allein deshalb lohnt es sich, alles immer und immer wieder zu lesen: Mit jedem Mal kommen mehr Verbindungen zum Klingen.
Daniela Feichtinger
ist katholische Theologin, Autorin und Pädagogin aus Graz
Die Muster der Welt
In meinem Studium war die Bibel mein Schwerpunkt. Zuletzt habe ich mich in der Dissertation drei Jahre lang mit nur 23 Versen beschäftigt, und in gewisser Weise auch mit allen Texten, die sie umgeben. Und ich denke: Diese Querverweise sind eine Sprache Gottes. Ganz genau so hat Gott auch seine Schöpfung gewoben. Es gibt nicht nur Ursache und Wirkung. Vieles hängt anders zusammen: Ich lese ein kurioses Wort, dessen Existenz ich schon vergessen hatte, und zwei Stunden später sagt es der Paketzusteller zu mir. Die Farbe eines atemberaubenden Kleides begegnet mir in einer Hyazinthe wieder. Auf meinem Nachhauseweg höre ich in jeder Straße ein Kind.
Ich wünsche Ihnen aufmerksame Sinne für das Gewebe der Welt und seine wiederkehrenden Muster. Genießen Sie ihre Schönheit!