Praxis – Religion und Gesellschaft 10.5.2023

Marienerscheinung und Body-Positivity

Wunder in Trevignano | Schönheitsideale | Hilfe bei Essstörungen

Marienerscheinung in Trevignano

Ist es ein Wunder oder ist es eine Art Braunschlag auf Italienisch? In dem kleinen Ort Trevignano, etwa eine Autostunde außerhalb von Rom, erscheint seit einigen Monaten immer am dritten des Monats um 15 Uhr – angeblich – die Muttergottes. Viel Polizei ist anwesend, Gisella Cardia, die sich selbst als Medium sieht, ist von nervösen Security-Mitarbeitern umgeben, wenn sie die Warnungen der Madonna weiterverkündet: „Betet, Kinder, es ist notwendig!“ Ein spirituelles Phänomen oder – wie Kritiker:innen mutmaßen – reine Geschäftemacherei? Im Vatikan hat vor kurzem eine eigene Beobachtungsstelle für Marienerscheinungen ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe ist, Expert:innen aus vielen Bereichen zum Dialog zusammenzubringen, um Priestern Richtlinien im Umgang mit der Meldung von Erscheinungen zu geben. ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik hat mit dem Leiter der Stelle in Rom gesprochen und war auch am „Ort des Geschehens“ in Trevignano.

Body-positive oder körperfeindlich?

Die Lippen ein bisschen aufspritzen, ein wenig Botox oder Hyaluron, die Nase korrigieren – das sind schon fast gängige Eingriffe für viele junge Menschen. Social-Media Plattformen wie etwa Instagram pushen diese Schönheitsideale und mit den „Beauty-Filtern“ der Plattform ist ein perfektes, makelloses Aussehen zudem ganz ohne chirurgische Eingriffe möglich. Doch dazu gibt es auch eine Gegenbewegung: „Body Positivity“ oder „Body Neutrality“.

Praxis
Mittwoch, 10.5.2023, 16.05 Uhr, Ö1

Erstere hat das Bewusstsein geweckt, wie unrealistisch und diskriminierend die Schönheitsideale sind, die unter anderem in Werbungen und sozialen Netzwerken verbreitet werden, und geht von der Prämisse aus, dass alle Körper schön sind. „Body Neutrality“ versucht, die Bedeutung, die dem Aussehen beigemessen wird und dessen hohen Stellenwert in der Gesellschaft zu reduzieren. Doch wie stehen die Religionen dazu? Welches Körperbild wird vertreten und welches Verhältnis haben junge religiöse Menschen zu ihrem eigenen Körper? Sündiges Fleisch oder Tempel Gottes? Lena Göbl über alte und neue Schönheitsideale, Körperlichkeit und das ambivalente Verhältnis von Religionen zu Körper und Schönheit.

Zentrum Spattstraße: Hilfe bei Essstörungen

Ein positives Verhältnis zum eigenen Körper aufbauen, das ist oft leichter gesagt als getan. Noch dazu, wenn er vielleicht nicht dem medial vermittelten Idealbild entspricht. Dazu noch mehrere Lockdowns, die eine scheinbar günstige Gelegenheit geboten haben: die Zeit zum Abnehmen nutzen, um dann viel schlanker und vorgeblich schöner in die Schule zurückzukommen. Diese toxische Mischung ist es, die dazu geführt hat, dass die Zahl der Essstörungen bei Jugendlichen gerade in jüngerer Vergangenheit rapide zugenommen hat.

Ein österreichweit einzigartiges Hilfsangebot bietet hier das Zentrum Spattstraße in Linz. Die Einrichtung ist in Trägerschaft der Methodistenkirche und arbeitet seit 60 Jahren für Jugendliche, die mit unterschiedlichsten Problemen konfrontiert sind. Im Bereich der Essstörungen hat das Zentrum eine Vorreiterrolle inne. Nirgends sonst in Österreich gibt es dieses Angebot: Nach der medizinischen Behandlung (oft stationär, im Krankenhaus) kann hier noch länger als ein Jahr lang die Rückkehr in den Alltag eingeübt werden. Es geht um das Wieder-Hineinwachsen in den Alltag in Schule oder Berufsausbildung, den Umgang mit Gleichaltrigen und der persönlichen Freiheit im städtischen Umfeld – und natürlich um das Thema Ernährung. All das muss nach der akuten Krankheitsphase neu und auf konstruktive Weise erlernt werden. Brigitte Krautgartner hat eine der beiden therapeutischen Wohngemeinschaften in Linz besucht.

Moderation: Alexandra Mantler