Esoterikbericht: „Willkommen beim Weltuntergang“

Neben den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften hat sich in Österreich ein breites ideologisches Angebot etabliert. Von Esoterikzirkeln über Schamanismus bis zu freikirchlichen Erweckungsbewegungen reicht die weltanschauliche Palette. Der neue „ESO-Bericht“ fasst die Szene zusammen.

Weltuntergang, Rechtsextremismus, Schamanismus und christliche Fundamentalisten – das sind nur einige Schlagworte, die sich im diesjährigen steirischen ESO-Bericht finden. ESO steht dabei für „Esoterik, (so genannte) Sekten und Okkultismus“ – Themen, die für Jugendliche „in ihrer Orientierungsphase auf der Suche nach dem Sinn des Lebens“ „von Bedeutung sein“ können, wie es auf der Homepage der „Logo Eso.Info“ heißt.

Menschen sitzen auf einer Mauer und betrachten den Sonnenuntergang.

Patrick Sinkel / dapd.

Der Mayakalender prophezeite angeblich das Ende der Welt. Laut Internet-Umfragen sollen rund 40 Prozent der Befragten an diese Prophezeiung glauben.

Die im Auftrag von Landesregierung, Stadt Graz und regionalen Gemeindeverbänden agierende Informationsstelle versucht Jugendlichen Information und Aufklärung im Themenbereich der Weltanschauungen zu bieten. Einmal im Jahr fasst der Leiter der „Logo Eso.Info“, Roman Schweidlenka, die Erfahrungen der Informationsstelle im ESO-Jahresbericht zusammen.

„Willkommen beim Weltuntergang“

Als diesjährigen Aufhänger hat Schweidlenka das angeblich durch den Mayakalender prophezeite Ende der Welt gewählt. „Willkommen beim Weltuntergang“ lautet der Untertitel der Studie. Ob der breiten medialen Berichterstattung, die die für die Wintersonnenwende 2012 angekündigte Apokalypse erfährt, mag dieser Fokus nicht überraschen. Auch im Internet kursierende Umfragen, bei denen laut Schweidlenka 40 Prozent aller Befragten angeben, an ein baldiges Ende der Welt zu glauben, scheinen für die Dringlichkeit des Themas zu sprechen - mehr dazu in 40 Prozent der Steirer fürchten Weltuntergang (steiermark.ORF.at).

Roman Scheidlenka, Geschäftsführer Logo Eso.Info

LOGO

Roman Schweidlenka präsentierte am Mittwoch in Graz den steirischen ESO-Jahresbericht.

Ganz so dramatisch ist Lage in Österreich dann aber nicht. „In der Steiermark glaubt nur eine kleine Minderheit daran, dass tatsächlich die Welt untergeht“, sagt Schweidlenka zu religion.ORF.at. Unübersehbar sei für ihn aber, dass die aktuelle Euro-und Wirtschaftskrise vor allem auch bei jungen Menschen zu einer starken Verunsicherung führe. Aus einer solchen Verunsicherung heraus erwüchse sehr wohl das Interesse an apokalyptischen Vorstellungen, die zurzeit in Ideen vom Weltende im Dezember 2012 kulminierten.

Wandel und Heilung

An ein Verschwinden dieser apokalyptischen Gedanken mit dem Verstreichen des propagierten Datums glaubt der Experte für Weltanschauung nicht. „Vielleicht wird es einen kurzzeitigen Rückgang geben.“ In esoterischen Kreisen sei man jedoch dazu übergangen von einem Prozess des Untergangs oder des Wandels zu sprechen. „Man versucht also weg von einem absoluten Datum zu kommen“, sagt Schweidlenka.

Veränderungen in der Esoterikszene nimmt auch German Müller, Geschäftsführer der Bundesstelle für Sektenfragen, wahr. So könnten etwa verstärkt alternativmedizinische Angebote festgestellt werden, die oft mit einer Ablehnung der Schulmedizin einhergingen. Für Müller wird dies vor allem dann heikel, wenn notwendige medizinische Untersuchungen und Therapien unterlassen werden, insbesondere wenn es um die Gesundheit von Kindern geht. Dies gelte etwa für die sogenannten Kristall- oder Indigokinder. Diesen würden besondere spirituelle Fähigkeiten nachgesagt und ihre psychischen Probleme als Zeichen ihrer Übersinnlichkeit gedeutet. Professionelle therapeutische Hilfe werde den Kindern meist vorenthalten.

Heilungen abseits der Naturmedizin sind auch christlich-fundamentalen Gruppen nicht fremd, die sich laut ESO-Jahresbericht „in der Steiermark im Vormarsch“ befinden. Neben einer rigiden Sexualmoral propagieren Vereinigungen wie die in Graz beheimatete Gruppe „Siegreiches Leben“ Dämonenaustreibungen und religiöse Wunderheilungen. Die kleinen, oft sehr unbeständigen Gruppen agieren außerhalb der Amtskirchen und weisen nach Schweidlenka meist einen starken USA-Bezug auf.

Staatlich geprüfte Schamanen

Ein Phänomen mit ebenfalls starken Bezügen zum amerikanischen Kontinent stellt die in Österreich beständig wachsende Gruppe der Schamanen dar. Seit 2012 kann man sich auf der in Oberösterreich beheimateten Internationalen Schamanismus Akademie zum staatlich anerkannten Lebensberater ausbilden lassen. „Unbemerkt hat sich die Republik Österreich von dem ihrer Demokratie zugrunde liegenden wissenschaftlich-rationalen, in der Aufklärung wurzelnden Weltbild teilweise verabschiedet“, heißt es dazu im ESO-Jahresbericht. „Ich will das gar nicht unbedingt negativ beurteilen. Aber ich finde es interessant, dass eine solche Entwicklung von Öffentlichkeit und Medien unbemerkt von statten geht“, sagt Schweidlenka.

Den Vorwurf, dass Österreich mit der „staatlichen Anerkennung einer Schamanenausbildung“ einem naturmagischen Weltbild den Weg ebnet, hält Andreas Herz, Vorsitzender der Zertifizierungsstelle für Lebensberatung des Fachverbandes der gewerblichen Dienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), allerdings für verfehlt.

Schamanen

Reuters / Ilya Naymushin

Eine zertifizierte Ausbildung zum Schamanen gibt es in Österreich noch nicht.

Im Gespräch mit religion.ORF.at hält er fest, dass Schamanismus in Österreich von der Gewerbeordnung ausgeschlossen ist. Die Zertifizierung für einen Lehrgang zum Lebensberater sei sehr streng geregelt und unterliege genauen Vorgaben der WKO. Zwar hat die Internationale Akademie für Schamanismus die Zertifizierung für einen Lehrgang zum Lebensberater bekommen. Wenn sie auf ihrer Homepage jedoch von Schamanen mit staatlich anerkannter Ausbildung spricht, dann handle es sich dabei um eine unrechtmäßige Vermischung. „Das ist kompletter Nonsens“, sagt Herz und kündigt an, dass die WKO die Akademie darauf auch brieflich hinweisen werde.

Information und Aufklärung

Neben Weltanschauungen wie dem Schamanismus, die Frieden und Eintracht propagieren, weist der ESO-Jahresbericht auch auf dazu sehr konträre Ideologien hin. Vor allem über das Internet kämen österreichische Jugendliche verstärkt mit rechtsextremen Gedanken in Verbindung. Dabei falle auf, dass die rechte Szene vermehrt unter den Mantel des Tierschutzes oder „Zurück zur Natur“-Bewegungen agiere. „Gleichzeitig werden daheim aber Waffen für den Kampf gehortet“, so Schweidlenka.

Da sei es erfreulich, dass von Seiten der Jugendlichen die Nachfrage nach kritischen Publikationen zunehme. Eine Entwicklung, die auch im Sinne von Jugendlandesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ), sein dürfte. „Information ist die beste Prävention“, fasste die Landesrätin bei der Präsentation des ESO-Jahresberichtes das Anliegen von „Logo eso.info“ zusammen.

Das Sammeln und Bereitstellen von Information sieht German Müller als eine der zentralen Aufgaben der Bundesstelle für Sektenfragen. Mit dem Verlust des Vertrauens in die institutionalisierte Religiosität, gehe auch ein Stück weit Sicherheit verloren. Am Markt der Weltanschauungen stünden die verschiedensten ideologischen Versatzstücke zum Angebot und was für den einen unbedenklich wäre, könnte für den anderen durchaus gefährlich werden. Deshalb versuchten er und sein Team Fragen „so neutral, so angemessen und so genau wie möglich“ zu beantworten und Betroffene bei der Suche nach "guten, nachhaltigen und individuellen Lösungen“ zu unterstützen.

Martin Steinmüller, religion.ORF.at

Debatte:

Wie gefährlich ist der Esoterikboom?

Lesen Sie dazu auch:

Jugendliche empfänglich für Esoterik (22.08.2012; religion.ORF.at)

Links: