Skepsis gegenüber verpflichtendem Ethikunterricht in Österreich

Der Vorschlag von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), Ethikunterricht für alle verpflichtend einzuführen, stößt beim Katholischen Familienverband und der Schülerunion auf Ablehnung.

Sowohl die ÖVP-nahe Schülerunion als auch der Katholische Familienverband (KFÖ) betonten am Montag, Ethik sei nur als alternativer Pflichtgegenstand zum konfessionellen Religionsunterricht wünschenswert und nicht als zusätzliches Unterrichtsfach. Die Pläne, Ethikunterricht flächendeckend einzuführen, seien grundsätzlich begrüßenswert, jedoch nur als Alternative, so KFÖ-Präsident Alfred Trendl.

Alfred Trendl

KFÖ / Christoph Miehl

KFÖ-Präsident Alfred Trendl: Doppelbelastung der Schüler muss vermieden werden

Konkurrenz zwischen Ethik- und Religionsunterricht „unsinnig“

„Der momentane Religionsunterricht ist schon lange kein rein konfessioneller mehr und deckt eine Vielfalt an ethischen Thematiken ab“, argumentierte Schülerunion-Bundesobmann Daniel Perschy gegen eine Konkurrenzierung. Daher sei es „absolut unsinnig“, ein zusätzliches, mit Kosten verbundenes Pflichtfach für alle Schüler einzuführen. Interessierte, die bereits den konfessionellen Religionsunterricht besuchen, sollten laut Perschy aber die Möglichkeit haben, Ethik als Freifach zu belegen.

Auch das Amt für Unterricht und Erziehung der Erzdiözese Wien nimmt in ähnlicher Weise Stellung: „Soweit ich das sehe, befürworten alle gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften seit längerem mehr oder minder explizit die Einführung eines Ethikunterrichts. Allerdings sieht ‚unser‘ Modell keinen Ethikunterricht für alle vor, (...) sondern als Alternative für diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen Religionsunterricht besuchen." Schüler, die einen konfessionellen Religionsunterricht besuchen, sollten zusätzlich auch Ethik wählen können, so Mann.

Ethikunterricht als Schulversuch

In vielen Schulen kann Ethik schon als eigenes Fach und nicht als Teilbereich des Religions- und Philosophieunterrichts besucht werden. Doch Schulen, die sich bereiterklären, dieses Fach anzubieten, „stoßen leider auf viele Schwierigkeiten“, hieß es im März dieses Jahres in einer Presseaussendung von Katholischer Jugend der Erzdiözese Wien, Wiener Schülerunion, Muslimischer Jugend Österreich und Evangelischer Jugend Wien.

Die Schulen müssten die Kosten des Faches selbst decken, und das Fach müsste jährlich neu beantragt werden. Mehr dazu in: Wien: Jugendverbände für verpflichtenden Ethikunterricht.

Kein Entweder-oder

Unterrichtsministerin Schmied will bis zum Jahresende Konzepte für einen Ethikunterricht an Schulen vorlegen. Das sei in der Regierung so vereinbart, sagte die Ministerin vergangene Woche im Rahmen einer Diskussion bei den Alpbacher Technologiegesprächen. Am derzeitigen Religionsunterricht solle nichts geändert werden, dieser werde weiterhin an der Schule stattfinden, „so, wie wir ihn jetzt auch entsprechend dem Konkordat und den anderen Vereinbarungen haben“.

„Was ich nicht möchte, ist ein Entweder-oder - wer sich vom Religionsunterricht abmeldet, geht dann in den Ethikunterricht“, sagte Schmied. Ethikunterricht sei für alle wichtig. Man müsse sich aber noch darüber verständigen, wer diesen Ethikunterricht erteilen und was darin vermittelt werden soll.

Hohe Kosten und zusätzliche Belastung

Die Schülerunion wartet „gespannt auf den Vorschlag der Ministerin, wer denn nun Ethik unterrichten soll“, wie Bundesobmann Perschy sagte. Momentan gebe es keine, den anderen Lehramtsstudien gegenüber gleichwertige Ausbildung. Die ÖVP-Landesschulratspräsidenten sprechen von einem „Anschlag auf den Religionsunterricht aller Konfessionen“. Die Schüler würden förmlich verlockt, sich vom konfessionellen Religionsunterricht abzumelden, hieß es in einer Aussendung.

Ähnlich, wenn auch nicht so drastisch, formuliert es Alfred Trendl vom KFÖ: „Ein Ethikunterricht für alle kann wohl nur auf Kosten eines anderes Unterrichtsfaches eingeführt werden. Eine Ausweitung der Wochenstundenanzahl ist unrealistisch.“ Auch die Kosten würden bei dieser „Doppelbelastung“ der Schüler, die sowohl den Ethik- als auch den Religionsunterricht besuchen, entsprechend steigen. Christine Mann von der Erzdiözese Wien wartet die konkreten Vorschläge mit Interesse ab.

Nina Goldmann, religion.ORF.at/KAP/APA