Papyrusfund: Spekulationen über Frau von Jesus

Ein winziges Stück Papyrus, auf dem eine Wissenschaftlerin einen Hinweis darauf erkennen will, dass Jesus verheiratet gewesen sein könnte, sorgt für Spekulationen und Aufregung.

Karen King, Professorin an der renommierten US-Universität Harvard, stellte das nur 3,8 mal 7,6 Zentimeter große Stück Papyrus am Dienstag auf einem Koptologenkongress in Rom vor. Das Dokument soll aus dem vierten Jahrhundert stammen, so die auf das frühe Christentum spezialisierte King. Der Historikerin und Koptologin zufolge handelt es sich dabei um den bisher einzigen antiken Text, der einen expliziten Hinweis darauf liefert, dass Jesus eine Frau gehabt haben könnte.

Karen King mit dem koptischen Papyrus

APA/ Harvard University/Rose Lincoln

Historikerin Karen King mit dem Papyrus

Einige frühe Christen könnten geglaubt haben, dass Jesus Christus verheiratet war - das ist wohl unterm Strich die Essenz, die sich aus den vier Worten, um die es letztlich geht, gewinnen lässt. Die Worte, die in der Sprache der antiken ägyptischen Christen verfasst wurden, können in etwa mit „Jesus sagte zu ihnen, meine Frau“ übersetzt werden, so King gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Dialog nennt den Namen Maria

Woher genau der Text stammt, ist nicht bekannt, er könnte aber aus Ägypten stammen, so die Koptologin. Er ist auf Koptisch verfasst, einer ägyptischen Sprache, die zum Großteil griechische Buchstaben verwendet. Sie habe ihn von einem deutschen Sammler bekommen, der sie um eine Übersetzung gebeten habe, sagte King. Der Text enthalte „einen Dialog“, in welchem Jesus sich auf seine Frau beziehe. Diese Frau werde Maria genannt. Die Wissenschaftlerin hält das Fragment für eine Abschrift eines auf Griechisch verfassten „Evangeliums“, das wahrscheinlich aus dem zweiten Jahrhundert stamme.

Papyrus in koptischer Sprache

EPA/Karen L. King/HO

Der Fund, der vermutlich aus Ägypten stammt, gibt Anlass zu Spekulationen

Das vermutet neben King auch Anne Marie Luijendijk, Expertin für das Neue Testament und das frühe Christentum an der Princeton University. Es handelt sich dabei um ein kürzlich entdecktes „Evangelium“, das „Jesus’ Frau“ zugeschrieben wird. King publizierte bereits mehrere Bücher über neu entdeckte „Evangelien“, wie die „New York Times“ berichtete.

Die Spekulationen über Jesus’ Verhältnis zu Frauen erhalten durch den Papyrusfund wieder großen Auftrieb: Vor allem rund um Maria Magdalena, die das Vertrauen von Jesus genoss und ihm nachfolgte, rankten sich seit der Antike Ehegerüchte. Die Vorstellung, Jesus könnte verheiratet gewesen sein, fand ihren Weg auch in moderne Bestseller wie Dan Browns „Da Vinci Code“.

Experten warnen vor vorschnellen Schlüssen

Experten warnen freilich vor einer vorschnellen Bewertung des Fundes. Einen „Beweis“ in irgendeiner Form stellt er für sich genommen nicht dar. Das weiß die Historikerin King auch: Das Stückchen Papyrus belege nicht, dass Jesus eine Frau gehabt habe. Jedoch spreche es die Themen Familie und Heirat an, die bei den frühen Christen umstritten gewesen seien.

„Von Anfang an waren die Christen uneins in der Frage, ob es besser sei zu heiraten oder nicht“, sagte King. Erst mehr als ein Jahrhundert nach Jesu Tod sei auf dessen Familienstand verwiesen worden. Das Christentum habe stets nur die Stimmen weitergetragen, die sagten, Jesus sei niemals verheiratet gewesen. Dieser Text zeige nun, „dass einige Christen anders dachten“.

AP/APA/AFP/religion.ORF.at

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