Schüller: Keine Einheit ohne Kirchenvolk

Für Helmut Schüller, Sprecher der Pfarrer-Initiative, geht der Hirtenbrief der Bischöfe an den Bedürfnissen der Kirchenmitglieder vorbei. Kritik kommt auch vom derzeitigen Leiter der Laieninitiative, Peter Pawlowsky.

Wenig erfreut zeigt sich der Sprecher der Pfarrer-Initiative, Helmut Schüller, über das „Hirtenwort der Österreichischen Bischöfe“. In dem am Mittwoch von Kardinal Christoph Schönborn präsentierten Papier sprechen die Bischöfe auch den „Aufruf zum Ungehorsam“ der Pfarrerinitiative an und orten eine Art „Pattsituation“.

Von einer solchen spricht auch Schüller. Für ihn liegt der Ball allerdings bei den Bischöfen. „Eine Pattstellung wird von der Führung erzeugt“, sagt der Probstdorfer Pfarrer im Gespräch mit religion.ORF.at. So würden Glaubens- und Reformwünsche gegeneinander ausgespielt. „Erneuerung kann nur aus Glauben kommen, Reformwünsche offensichtlich nicht. Das ist etwas, das wir zurückweisen“, so Schüller.

Tote Einheit

Mehrmals wird im Hirtenbrief die Einheit der Kirche beschworen. Auf der Pressekonferenz betonte Schönborn, dass er keine Kirchenspaltung fürchte. „Auch wenn eine solche Gefahr immer wieder an die Wand gemalt wird - wir sehen sie nicht und sind voller Hoffnung, dass es nicht dazu kommen wird“, sagte der Kardinal. Eine Möglichkeit um die verfahrene Situation aufzulösen, sei für ihn das Mittel eines „Step back“, eines bewussten kritischen Zurücktretens, um sich der Gemeinsamkeiten zu versichern, so Schönborn.

Helmut Schüller

ORF

Helmut Schüller blickt kritisch auf das „Hirtenwort der Österreichischen Bischöfe“.

Der Konsens als Kirche sei auch der Pfarrer-Initiative ein Anliegen, betont Schüller. „Aber Einheit muss natürlich auf einer notwendigen Auseinandersetzung aufbauen, sonst ist sie eine tote Einheit. Und wenn der Großteil des Kirchenvolkes ausgesperrt bleibt aus dem Konsens-Finden, dann ist die Einheit eben auch nicht sehr echt“, sagt der Sprecher der „Pfarrer-Initiative“.

Recht statt Duldung

Dass die Kirchenleitung zurzeit an den Bedürfnissen der Gläubigen vorbei agiere, zeigt sich für Schüller unter anderem an der Haltung der Bischöfe gegenüber geschieden wiederverheirateten Christen. Die Kirche habe sich „immer neu an Jesu Haltung den Sündern gegenüber zu orientieren, die die Sünde benennt, dem Sünder aber voll Barmherzigkeit begegnet“, heißt es im Hirtenwort. „Die Menschen haben nicht Barmherzigkeit sondern Recht zu erwarten“, antwortet darauf Schüller. „ Gerechte Behandlung heißt, den Lebenssituationen gerecht zu werden. Es geht nicht um herablassendes Dulden von etwas.“

Peter Pawlowsky

APA / Georg Hochmuth

Der derzeitige Leiter der Laieninitiative, Peter Pawlowsky, bescheinigt der Kirche Stillstand.

Ähnliche Worte findet der derzeitige Leiter der Laieninitiave, Peter Pawlowsky. Der Hirtenbrief nehme zwar Ungeduld und Reformstau wahr, verfehle aber den Ansatz, der zu Lösungen führen könnte, so Pawlowsky in einer Stellungnahme vom Mittwoch.

„Auszugehen wäre von den Überzeugungen der Gläubigen, von ihren Reformvorstellungen, vom Schmerz derer, die gescheitert sind, von den kreativen Ideen, die den Bischöfen seit Jahren zugetragen werden. Stattdessen wird über all das die Weisheit des Katechismus gestülpt, der keine Antworten auf die gestellten Fragen bietet“, sagt der Journalist. Für Pawlowsky bestätigt sich damit, was Kardinal Martini in seinem letzten Interview gesagt hat: Diese Kirche ist 200 Jahre lang stehen geblieben.

Zölibat polarisiert

Für Schüller können die Fragen, die viele der österreichischen Katholiken umtreiben, auch nicht einfach mit dem Blick auf die Weltkirche abgetan werden. Schließlich würden die Gesellschaften Afrikas, Lateinamerikas und Asiens in ein paar Jahren vor denselben Fragen stehen. „Vielleicht leistet da die Kirche Europas und des Nordens sogar ein bisschen Vorarbeit“, gibt sich Schüller optimistisch.

Insofern widerspricht der Probstdorfer Pfarrer auch in der Frage nach dem Zölibat dem Wiener Erzbischof. Schönborn betonte am Rande der Pressekonferenz, dass über die besonders strittigen Punkte in der Auseinandersetzung mit der Pfarrer-Initiative wie etwa die Forderung nach einer Abschaffung des Zölibats „vielleicht ein nächstes Konzil befinden“ könne - „in Österreich werden sie aber sicher nicht gelöst“.

Bereits im Hirtenwort hatten Österreichs Bischöfe mit der Berufung auf das Zweite Vatikanische Konzil unterstrichen, am priesterlichen Zölibat festzuhalten. Für Helmut Schüller ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. „Also, jetzt zu sagen, das hat das Konzil festgezurrt, entspricht nicht der historischen Wahrheit. Es braucht das Zölibatsgesetz auch kein Konzil. Das sollte man auch einmal kirchenrechtlich klarstellen.“

Marcus Marschalek / Martin Steinmüller, religion.orf.at

Mehr dazu:

Links:

  • Pfarrer-Initiative (www.pfarrer-initiative.at)
  • Laieninitiative (www.laieninitiative.at)