Kirchenvertreter: Keine Räumung der Votivkirche

Nach der Räumung des Vienna Refugee Camp besuchten am Freitagvormittag Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche die Flüchtlinge in der Votivkirche. Sie sicherten diesen abermals ihre Unterstützung zu und drängten die Politik zum Handeln.

„Eine Räumung in der jetzigen Situation schließen wir aus“, sagte der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki, am Freitag zu Journalisten. Auch Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, betonte, dass Kirchen Schutzräume seien. „Kirchen sind Zufluchtsorte und wir appellieren an die Politik, diese Schutzräume zu respektieren“, sagte Chalupka im Gespräch mit religion.ORF.at.

Kirchenvertreter im Gespräch mit Flüchtlingen

Die Räumung des Vienna Refugee Camp am Freitagmorgen durch die Polizei wäre auch für die Kirchen überraschend gekommen, so der Direktor der Diakonie. Am Vormittag nach der Räumung des Zeltlagers besuchten Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche die Votivkirche. 35 bis 40 Flüchtlinge sollen sich nach Angaben der Caritas noch im Kirchenbau aufhalten - mehr dazu: Polizei räumt Flüchtlingscamp vor Votivkirche(religion.ORF.at).

Landau, Schutzki und Flüchtlinge in Votivkirche

APA/Georg Hochmuth

Begegnung auf Augenhöhe: Caritas-Wien-Direktor Michael Landau und Bischofsvikar Dairusz Schutzki im Gespräch mit Flüchtlingen

Caritas-Wien-Direktor Michael Landau, Bischofsvikar Schutzki sowie Diakonie-Direktor Chalupka und Hansjörg Lein, evangelischer Superintendent von Wien suchten vor allem das Gespräch mit den Flüchtlingen. „Die Flüchtlinge sind durch den Polizeieinsatz im Sigmund Freud Park noch verunsicherter und besorgter als zuvor“, sagte Chalupka. Trotz der widrigen Umstände – in der Kirche ist es nicht wirklich wärmer als im Freien – wollten sie aber ihren Protest fortsetzen.

Protest bleibt aufrecht

Diakonie und Caritas versuchen derweilen die Flüchtlinge so gut es geht zu unterstützen. Viele Flüchtlinge zeigten laut Chalupka aufgrund des Hungerstreiks, in dem sich 14 von ihnen seit fünf Tagen befinden, bereits erste Anzeichen körperlicher Erschöpfung. Am Freitagvormittag hätte es bereits zwei Rettungseinsätze wegen Kreislaufzusammenbrüchen gegeben. „Mitarbeiter der Caritas und der Johanniter Unfallhilfe sind Tag und Nacht vor Ort“, so Chalupka.

Flüchtlinge in Votivkirche

APA/Herbert P. Ozceret

Kälter und Hungerstreik nagen an der körperlichen Verfassung der Flüchtlinge.

Als Hauptziel ihrer Proteste nennen die Flüchtlinge die Möglichkeit, mit den politisch Verantwortlichen sprechen zu können. Man wolle keine Unruhe stiften, betonte einer der Flüchtlinge. „Wir kommen, um Hilfe zu suchen. Wir brauchen eine Lösung.“ Der Caritas und den Johannitern sei man für die Betreuung dankbar. Man brauche aber die Möglichkeit, direkt mit den Zuständigen in der Politik zu sprechen.

Kirche als Sprachrohr

„Vielleicht kann die Kirche unsere Forderungen weitersagen. Vielleicht kann sie für die Menschen sprechen, die sonst nicht gehört werden. Wir wünschen uns, dass die Kirche Sprachrohr ist für uns Flüchtlinge“, sagte Salaheddin Najah, einer der Flüchtlinge, in der ORF-Religionssendung „Orientierung“. Die Flüchtlinge fordern unter anderem bessere Standards in der Unterbringung und wollen vor allem „für sich selbst sorgen“, sprich, eine Arbeitserlaubnis.

Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich

APA/Georg Hochmuth

Diakonie-Direktor Michael Chalupka sieht weiterhin die Politik in der Pflicht.

Diese Forderungen teilen Diakonie und Caritas. Die kirchlichen Sozialorganisationen setzen sich schon länger für eine Verbesserung der Grundversorgung ein. Nach sechs Monaten müssten Asylwerber außerdem Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, so Diakonie-Direktor Chalupka.

Die Themen waren auch beim runden Tisch letzte Woche aufs Tapet gekommen. Zusagen haben die anwesenden Beamten laut Chalupka aber keine geben können, weshalb Diakonie und Caritas weiter auf Gespräche drängen. „Da fällt keinem ein Zacken aus der Krone", sagte Chalupka. „Aus unserer Sicht ist klar, dass das inhaltliche Gespräch zu diesen Themen noch zu führen ist“, hielt auch Caritas-Direktor Landau fest.

Martin Steinmüller; religion.ORF.at

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