Frau abgewiesen: Kölner Kardinal entschuldigt sich

Kardinal Joachim Meisner hat die Abweisung einer mutmaßlich vergewaltigten Frau durch zwei katholische Kliniken bedauert und sich entschuldigt. Es gebe keine kirchliche Anweisung, Vergewaltigungsopfer anders zu behandeln oder abzuweisen.

„Dieser Vorgang beschämt uns zutiefst“, bedauerte Meisner die Abweisung der Frau durch zwei katholische Krankenhäuser, wie die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) berichtete. Nach den Worten Meisners darf sich ein solcher Fall nicht wiederholen. „Deshalb muss jetzt genau erforscht werden, was dazu führte, diese Frau nicht aufzunehmen“, sagte der Erzbischof. Zugleich lehnte der Kardinal allerdings jegliche Maßnahmen ab, „welche die Tötung eines möglicherweise schon gezeugten Kindes bedeuten“.

Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner

dapd/Steffi Loos

Kardinal Joachim Meisner

Die Patientin habe in großer Not Hilfe gesucht und keine Aufnahme gefunden. Eine Vergewaltigung sei ein schlimmes Verbrechen. „Gerade hier müssen wir jede notwendige medizinische, seelsorgliche und menschliche Hilfe leisten“, so Meisner. Das schließe die Spurensicherung ein.

„Unerträgliche Entscheidungssituation“

Meisner räumte ein, dass das Nein der Kirche zu Abtreibungen nach Vergewaltigungen von vielen Menschen nicht geteilt werde. Er sprach von einer „grundsätzlichen und bedrängenden moralischen Entscheidung“ und einer „geradezu unerträglichen Entscheidungssituation“. Dennoch sei er davon überzeugt, „dass wir diese Position des absoluten Lebensschutzes nicht relativieren dürfen, weil wir sonst die Menschenwürde insgesamt relativieren“. Die Menschenwürde sei unteilbar. „Der Ruf unseres Gewissens verpflichtet uns, alles zu tun, dass die Entscheidung immer zugunsten des Lebens ausfällt“, sagte der Erzbischof.

Im Dezember hatte eine Notärztin in Köln versucht, die Spurensicherung bei einem mutmaßlichen Vergewaltigungsopfer in zwei vom katholischen Cellitinnen-Orden getragenen Kliniken vornehmen zu lassen. Beide Häuser verweigerten das jedoch unter Hinweis auf ihre Ethikrichtlinien. Klinikvertreter entschuldigten sich nach Bekanntwerden des Vorgangs und bezeichnete ihn als „Missverständnis“ - mehr dazu in Vergewaltigungsopfer abgewiesen: „Missverständnis“. Vergewaltigte Frauen würden nicht abgewiesen, allerdings werde ihnen die „Pille danach“ nicht verschrieben. Weil diese eine befruchtete Eizelle töten kann, lehnt die katholische Kirche sie wie jede Methode der Abtreibung ab.

Fehler eingestanden

Im konkreten Fall in Köln seien Fehler im Umgang mit einem Vergewaltigungsopfer gemacht worden - das räumte auch der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (KKVD) am Dienstag gegenüber der KNA ein. Abtreibungen nicht anbieten zu müssen, sei jedoch ein verfassungsmäßig geschütztes Recht. KKVD-Geschäftsführer Thomas Vortkamp wies am Dienstag im Interview der KNA in Freiburg die Standpunkte einiger Politiker zurück, katholische Kliniken in Gänze infrage zu stellen. Vortkamp reagierte auf Äußerungen von Gesundheitspolitikern von CDU, SPD und Grünen, die nach der Abweisung des Vergewaltigungsopfers gefordert hatten, dass katholische Krankenhäuser „vom Netz genommen werden“ sollten.

Laut Vortkamp stehen die katholischen Kliniken in Deutschland in einem „enormen Spannungsfeld“ zwischen kirchlichen Moralvorstellungen und gesellschaftlichen Erwartungen. Das zeige sich etwa bei Themen wie der „Pille danach“, der Pille oder anderen Fragen der Empfängnisverhütung. Die kirchlichen Häuser wollten deshalb auch das Gespräch mit den Bischöfen suchen, so der Geschäftsführer. Dabei müsse geklärt werden: „Kann man sich völlig abschotten, kann man alles mitmachen? Das sind schwierige ethische Fragen, die aber die einzelnen Krankenhäuser nicht allein lösen können.“ Mehr dazu in Ordensspital: Natürlich Hilfe nach Vergewaltigung.

Ethische Fragen

Der Geschäftsführer sagte, dass das Nein zu Abtreibungen negative Konsequenzen für die kirchlichen Häuser haben könne. In Potsdam sei beispielsweise vor Jahren die Übernahme einer kommunalen Klinik durch eine katholische Einrichtung gescheitert, weil sich das Land Brandenburg mit Blick auf Abtreibungen verpflichtet gesehen habe, den Versorgungsauftrag sicherzustellen.

An die Leitungen der katholischen Kliniken in Deutschland appellierte Vortkamp, bei ihren Mitarbeitern und insbesondere bei den Jüngeren „immer wieder ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was in den Einrichtungen zu leisten ist und was aus ethischen Gründen nicht gemacht wird.“ Der KKVD vertritt in Deutschland etwa 435 Kliniken in katholischer Trägerschaft mit etwa 98.000 Betten und an die 165.000 Beschäftigten. Bei den rund 2.000 deutschen Kliniken ist jedes vierte Krankenhaus in katholischer Trägerschaft.

Unterdessen berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe), dass das Erzbistum Köln bereits vor einem Jahr allen katholischen Krankenhäusern das strikte Verbot der „Pille danach“ eingeschärft habe. Es gehe dabei um die Klarheit der kirchlichen „Null-Toleranz-Grenze“ für Schwangerschaftsabbrüche und „damit verbundene Tötungsdelikte“, heiße es in einem Brief der Diözesanarbeitsgemeinschaft der katholischen Kliniken vom 13. Februar 2012, der der Zeitung nach eigener Darstellung vorliegt. Alle Mitarbeiter müssten sich „so gemäß der Lehre der Kirche verhalten, dass das Zeugnis der Kirche für den Schutz des ungeborenen Lebens immer deutlich wird“.

religion.ORF.at/KAP

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