Frankreich vor Entscheidung zu Homo-Ehe
Die so genannte Homo-Ehe spaltet Frankreich. Der erste und wichtigste Paragraf des Gesetzes, das künftig auch gleichgeschlechtlichen Paaren den Ehestand ermöglichen soll, wurde zwar bereits am vergangenen Samstag in der Nationalversammlung verabschiedet, die Proteste gegen das Gesetzesvorhaben der sozialistischen Regierung gehen allerdings weiter.
Hunderttausende Demonstranten gingen in den vergangenen Wochen in Frankreichs Städten auf die Straße. Die Konservativen und die katholische Kirche in Frankreich laufen Sturm gegen das neue Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Paaren unter anderem ein gemeinsames Adoptionsrecht einräumen würde - mehr dazu in: Der Kampf der Kirche gegen die „Homo-Ehe“. Laut Meinungsumfragen ist eine deutliche Mehrheit der Franzosen für die Homo-Ehe, die Mehrheit für gemeinsame Adoptionen gleichgeschlechtlicher Paare fällt hingegen knapper aus.
EPA/Ian Langsdon
Klare Mehrheit im Parlament für ersten Paragrafen
Im Parlament sprachen sich bei der Abstimmung über den ersten Paragrafen 249 Abgeordnete des linken Lagers und mindestens ein Vertreter der oppositionellen UMP für das Gesetz aus, 97 Parlamentarier votierten dagegen. Justizministerin Christiane Taubira zeigte sich anschließend „froh und stolz“ über den ersten Schritt: „Wir werden für jeden die Freiheit schaffen, seinen Partner oder seine Partnerin für eine gemeinsame Zukunft zu wählen“, sagte sie.
Sendungshinweis
Auch das ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ berichtet am Sonntag, 2. Februar 2013, über die Diskussion zur „Homo-Ehe“ in Frankreich (12.30 Uhr, ORF 2, 17.45 Uhr, ORF III).
Auch Schwulen- und Lesbenaktivisten zeigten sich erleichtert, dass der wichtige Paragraf die Hürde ohne größere Änderungen genommen hat. „Wir können uns nun in Ruhe auf die weitere Debatte freuen“, sagte Nicolas Gougain vom Verband Inter-LGBT der Nachrichtenagentur AFP. Philippe Gosselin von der konservativen UMP warf der sozialistischen Regierung indes vor, ein Gesetz durchzupauken, das Frankreich gar nicht wolle. Der Erzbischof von Paris André Vingt-Trois, warf der Regierung am Samstag ebenfalls vor, auf eine Legalisierung der in Frankreich verbotenen Leihmutterschaft hinzuarbeiten.
Der Vatikan hat am Montag die Proteste der Kritiker gegen die gleichgeschlechtliche Ehe gelobt. Die Kirche sei gegen jede Diskriminierung, und jeder Mensch sei von Gott geheiligt, aber eine wahrhaftige Ehe baute auf den Unterschied zwischen Mann und Frau, sagte der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Erzbischof Vincenzo Paglia, vergangene Woche im Vatikan. In Frankreich gebe es in Form des Bündnisses „Manif pour tous“ eine übergreifende Opposition der unterschiedlichsten Weltanschauungen von der Kirche bis zu Künstlern und Intellektuellen, die das Projekt aus Liebe zur Gesellschaft verhindern wollten.
EPA/Mohamed Messara
Interreligiöses Bündnis gegen „Homo-Ehe“
Schon Ende Jänner hatte der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, in einem Interview mit „Radio Vatikan“ darauf gemeint, dass die katholische Kirche mit ihrem Engagement gegen Präsident Francois Hollandes „Homoehe“-Wahlversprechen keineswegs allein dastehe. „Natürlich inspirieren wir uns an dem, was uns das Evangelium und die Heilige Schrift sagen. Aber wir denken doch ähnlich wie viele andere in dieser Angelegenheit - wie die Muslime, die Juden und wie viele, die sich zu keiner Religion bekennen“, so Barbarin.
Der Kardinal verwies außerdem darauf, dass es innerhalb der Befürworter des geplanten Gesetzes große Meinungsunterschiede gebe. Die einen seien „für die gleichgeschlechtliche Ehe, aber gegen ein Adoptionsrecht, andere wiederum für beides, und wieder andere fordern auch das Recht auf künstliche Befruchtung“. Trotz aller Proteste wurde der erste Paragraf aber vergangene Woche abgesegnet.
Der erste Paragraf ist der wichtigste des Entwurfs, der den Weg für die Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Frankreich ebnet. Bislang galt die Vorgabe, dass Ehen zwischen Mann und Frau geschlossen werden mussten. Derzeit arbeitet das Parlament noch an der Diskussion der über 5.000 Anträge, die die Opposition zu dem Gesetzesentwurf eingebracht hat. Aufgrund dieser großen Menge hat das Parlament bis zum 10. Februar durchgängig Sitzungstage anberaumt - einschließlich Wochenenden und Nachtsitzungen. Am 12. Februar soll dann über den gesamten Gesetzentwurf abgestimmt werden. Anschließend muss das Gesetz noch durch den Senat.
religion.ORF.at/KAP/APA/AFP
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