Schönborn: Benedikt XVI. war auch „großer Staatsmann“

Als „großen Staatsmann“ mit einem weiten Horizont hat Kardinal Christoph Schönborn am Montagabend den scheidenden Papst Benedikt XVI. bezeichnet. Der Papst hatte am Montag seinen Rücktritt für Ende Februar angekündigt.

In der „ZIB2“ hob Schönborn lobend die „Tiefensicht“ des Papstes in vielen Dingen hervor, die er sich auch bei so manch anderen Politikern wünsche, so der Wiener Erzbischof. Besonders erinnerte er an die politische Grundsatzrede des Papstes in der Westminster Hall 2010.

Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn bei einem Wien-Besuch am 9. September 2007

APA/EPA/Helmut Fohringer

Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn bei einem Wien-Besuch am 9. September 2007

Große persönliche Verdienste habe sich der Papst auch bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche erworben, indem er klare Regeln für die Aufarbeitung und Prävention veranlasst habe, sagte Schönborn weiter. Freilich bleibe die Missbrauchskrise als „dunkler Schatten“, aber nicht nur über dem Pontifikat von Benedikt XVI., sondern vielmehr über der ganzen Kirche. Schönborn sagte weiters, dass der Papst vor allem in den letzten Jahren sicher auch mit Schwierigkeiten in der vatikanischen Kurie zu kämpfen gehabt habe. Dennoch habe der Papst gleichzeitig einen „klaren Durchblick“ gehabt.

Schönborn: Papstwahl ist „Persönlichkeitswahl“

Auf die bevorstehende Papstwahl angesprochen meinte der Kardinal, dass diese in erster Linie eine Persönlichkeitswahl sei. Es gelte, jenen Kandidaten herauszufinden, „der überzeugt als Christ, als Mensch, als Bischof und Hirte“. Gott habe diesen Mann schon bestimmt, Aufgabe der Kardinäle sei es, diesen Richtigen herauszufinden.

Ganz wesentlich für das Konklave seien auch die neuntägigen Kardinalsversammlungen vor der eigentlichen Papstwahl. Hier würden Herausforderungen und Probleme in und für die Kirche klar angesprochen und es würde sich ein Meinungsbild entwickeln, wer für das Papstamt geeignet sein könnte. Er selbst sei aber jedenfalls gerne in Wien, fügte der Kardinal hinzu. Trotzdem gelte auch für ihn, wie es im „Vater Unser“ heißt: „Dein Wille geschehe.“

Zulehner: „Kein Vatikan-Putsch“

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner wies ebenfalls in der „ZIB2“ Spekulationen zurück, wonach der Papst einem innervatikanischen Putsch von konservativen Kräften zum Opfer gefallen sei. Ebensowenig habe er sein Amt aus Resignation aufgegeben, weil er sich in der Kurie nicht habe durchsetzen können.

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner

Er habe wohl schlicht die großen Herausforderungen gesehen, die auf die Kirche zukommen, und sich diesen kräftemäßig nicht mehr gewachsen gefühlt. Das zeuge von „großer sittlicher Verantwortung für die Kirche“, so Zulehner. Benedikt XVI. sei in erster Linie ein großer Theologe und kein politischer Papst gewesen. Sicher habe er deshalb auch den vatikanischen Verwaltungsapparat nicht im notwendigen Maß im Griff gehabt, dazu hätte er an Schlüsselpositionen stärkere Persönlichkeiten einsetzen müssen.

Der nächste Papst muss nach Ansicht Zulehners „stärker in den Fragen der Welt präsent sein“, etwa in den Herausforderungen Ökologie, Terror oder hinsichtlich der Wirtschaftskrise. Und er sollte vielleicht auch nicht aus Europa kommen, so der Pastoraltheologe.

Feichtelbauer: Könnte Amt verändern

Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. wird nach Ansicht des Publizisten und Kenners der katholischen Kirche, Hubert Feichtelbauer, „das Amt verändern“. Der Papst werde als Mensch wahrgenommen und sei „kein überirdisches Wesen“. „Er kann krank sein, er kann schwach sein, er kann überfordert sein“, sagte Feichtelbauer am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. „Das ist sehr gut für das Amt.“

Pastoraltheologe Hubert Feichtlbauer

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Publizist Hubert Feichtlbauer

„Aber es würde es auch möglich machen, einen Papst zu fragen: Willst du nicht die Bürde dieses Amtes mit anderen teilen?“ Seit Jahren gebe es Vorschläge, dass sich der Papst mit einem Beraterstab, ähnlich einer Regierung, umgeben und die Aufgaben verteilen solle. Feichtelbauer: „Das ist ganz dringend notwendig.“ Denn: „Ein Mensch kann diese Last nicht tragen.“

Die Rufe nach einem weltoffeneren neuen Papst sei ein „begründetes Wunschdenken“, sagte Feichtelbauer und dämmte gleichzeitig die Hoffnung: „Es zeigt sich nur nirgendwo das Genie, das diesen Erwartungen entsprechen könnte.“ Auch die Hoffnung, dass der neue Papst aus Afrika, Lateinamerika oder Asien stammen müsse, „sollte man nicht allzu ernsthaft verfolgen. Ein solcher Papst wäre schon am ersten Tag nach seiner Wahl ein Gefangener der Kardinäle.“ Der Experte würde sich daher jemanden wünschen, „der sich auskennt und auf diese Widerstände und Manipulationsabsichten vorbereitet ist“.

Schüller hält „Putsch“ für denkbar

Der kirchenkritische Priester Helmut Schüller, Sprecher der österreichischen Pfarrer-Initiative, zweifelt daran, dass Papst Benedikt XVI. wegen seines Alters zurückgetreten ist. Denkbar sei etwa ein „Putsch der Konservativen“, sagte Schüller gegenüber der Tageszeitung „Die Presse“ - mehr dazu in Schüller hält „Putsch“ für denkbar (wien.ORF.at; 11.2.2013).

religion.ORF.at/KAP/APA

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