Experte: Papst erkannte, dass er nicht der Richtige ist

Papst Benedikt XVI. habe gar nicht Papst werden wollen und nun erkannt, dass er nicht mehr fähig sei, zu verwalten. Das sagte der Vatikan-Experte Marco Politi am Dienstag in der ZIB2.

Der Vatikan-Experte Marco Politi im ZIB2-Interview

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TVThek

Der Vatikan-Experte Marco Politi im ZIB2-Interview mit Tarek Leitner zum überraschenden Rücktritt von Papst Benedikt XVI. und die Hintergründe.

Dass sich „der Papst nie als Führungsfigur durchgesetzt hat“, sei das große Problem des Pontifikats Benedikt XVI. gewesen, erklärte Vatikanexperte Marco Politi am Dienstag in der ZIB2 des ORF. Der Papst habe gefühlt, „dass er nicht mehr fähig ist zu regieren“, dies habe er auch klar in Worte gefasst, als er sagte, er sei unfähig zu verwalten. Benedikt XVI. habe gar nicht Papst werden wollen und hätte nun „vor seinem Gewissen und sich selbst erkannt, dass er nicht der richtige Mann ist“.

Interessant sei, dass ein gefälschtes Dokument, das vor rund einem Jahr von einem Mordkomplott gegen den Papst berichtete, einige aus heutiger Sicht wichtige Informationen enthalten habe. Etwa, dass Benedikt XVI. nur noch ein Jahr im Amt sein werde und dass sein Nachfolger Angelo Scola - der auch heute als einer der aussichtsreichsten Kandidaten gilt - heißen werde. Dennoch glaubt Politi, der Papst sei „von selbst gefallen“ und nicht durch eine Verschwörung konservativer oder progressiver Kräfte.

Kein Favorit

Beim kommenden Konklave, in dem der Nachfolger Benedikt XVI. gewählt werden soll, sieht der Vatikanexperte „keine starke Kandidatur“. Joseph Ratzinger sei damals als Favorit ins Rennen gegangen, doch nun „werden die Karten neu gemischt“, ist Politi überzeugt. Keiner der Kardinäle verfüge gegenwärtig über ein „großes Stimmenpaket“, dieses müssten sie sich erst in Diskussionen erobern.

Wirklich interessant sei jedoch die Frage, ob es eine Mehrheit für einen Reformpapst geben werde. Sicher sei, dass künftig das Kollegialitätsprinzip des Zweiten Vatikanischen Konzils stärker gelebt werden müsste. Denn „ein Mann alleine kann das Amt des Papstes heute nicht mehr ausüben“, sagte Politi.

APA