Konkurrenzkampf um Anfertigung der neuen Papst-Robe

In Rom wird seit Tagen darüber gerätselt, wer die Robe für den Nachfolger Benedikts XVI. anfertigen wird. Zwei „Schneidereien für Geistliche“ sind in Rom um den prestigereichen Auftrag im Rennen.

Die Familie Gammarelli, die seit 1793 die Purpurträger im Vatikan kleidet, und der jüngere Konkurrent Euroclero, der Josef Ratzinger schon als Kurienkardinal 20 Jahre mit Roben beliefert und dem Benedikt auch in seinen Jahren als Papst treu geblieben ist.

Größen Small, Medium und Large

Die Schneiderei, die den Auftrag aus dem Vatikan erhält, muss bis zum Beginn des Konklave drei komplette Papst-Roben anfertigen - in den Größen Small, Medium und Large. Da unklar ist, welche Statur der neue Pontifex haben wird, müssen verschiedene Gewänder genäht werden. Noch heute wird in Rom gerne die Geschichte von Johannes XXIII., dem „guten Papst“, erzählt: Der füllige Italiener habe in seinem viel zu engen Gewand wie eine „Knackwurst“ ausgesehen. Als er 1958 nach dem „Habemus papam“ („Wir haben einen Papst“) auf die Loggia des Petersdomes trat, musste die Rückennaht aufgetrennt werden. Zu jeder Papstrobe gehören auch Hütchen, Umhang, Schärpe, Soutane, rote Schuhe und einiges mehr.

Benedikt XVI. in grüner Robe

dapd/Joerg Koch

Papst Benedikt XVI. 2007 in grüner Robe

Was Armani und Versace für die weltliche Mode sind, ist das römische Schneiderhaus Gammarelli für die Würdenträger des Vatikans. Tradition wird in dem Geschäft unweit des Pantheons im Herzen der Ewigen Stadt, das den römisch-katholischen Klerus seit 1793 ausstattet, großgeschrieben. Gegründet wurde die Schneiderei von Giovanni Antonio Gammarelli unter dem Pontifikat Pius VI. „Unsere Schneiderei hat hunderte Bischöfe und Kardinäle sowie die Päpste Pius IX, Johannes XXIII, Paul VI, Johannes Paul I, Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bedient“, berichtet Annibale Gammarelli, der mit seinem Sohn Massimiliano den Laden in der Via Santa Chiara führt.

Fast ausschließlich Handarbeit

Zwar werden die Maße mittlerweile per Computer genommen und auch Kreditkarten akzeptiert, doch ist die Bedienung persönlich geblieben, und die Gewänder werden fast ausschließlich in Handarbeit hergestellt. Das gilt auch für die mehr als 30 Knopflöcher der Kardinalssoutane.

Eine reich bestickte Robe Benedikts XVI.

dapd/Jens-Ulrich Koch

In Handarbeit reich bestickte Robe für Benedikt XVI.

Eine ganze Wand des spärlich erleuchteten Ladens nehmen Regale mit Stoffballen aus Wolle und Seide ein - rot für Kardinäle, violett für Bischöfe und schwarz für Priester. Im Erdgeschoß werden die Geschäfte über eine uralte hölzerne Theke abgewickelt, die mit altmodischen Zuschneidegeräten, Nähmaschinen und Bügeleisen ausgestattete Schneiderwerkstatt ist im ersten Stock untergebracht.

Gammarelli hat während Benedikts Pontifikat den Titel als offizieller „Hausschneider“ des Vatikans behalten, obwohl Konkurrent Euroclero die Kleidung Benedikts angefertigt hat. Euroclero genoss das vollste Vertrauen Ratzingers während seiner Zeit Kurienkardinal. Als der dann zum Papst gewählt wurde, mochte er auch als Benedikt XVI. nicht auf die Dienste seines Lieblingsschneiders verzichten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche setzte seinen Willen gegen Gammarelli durch. Dieser soll verschnupft gewesen sein, und so beschloss der Vatikan, dass sich die alten Schneider weiterhin „päpstlich“ nennen dürfen - ein nicht zu unterschätzender Marktvorteil im Segment.

Sinn für Mode

Benedikts Sinn für Mode hat in seinen Pontifikatsjahren häufig für Aufsehen gesorgt. 2008 wurde er von der Zeitschrift „Esquire“ zum elegantesten Mann der Welt gekürt. 2005 erschien er zur Adventszeit bei einer Audienz auf dem Petersplatz in einer pelzbesetzten Mütze, die an den Weihnachtsmann erinnerte. Die Kopfbedeckung mit der Bezeichnung „camauro“ ging jedoch, wie sich herausstellte, auf das Mittelalter zurück . Zu anderer Gelegenheit trug Benedikt einen prächtigen roten Samtumhang mit Hermelinbesatz - ein weiteres traditionelles päpstliches Kleidungsstück, das lange in Vergessenheit geraten war.

Als Benedikt 2008 leuchtend rote Slipper trug, kursierten Gerüchte, der Papst würde Prada-Schuhe tragen. Die Vatikan-Zeitung „Osservatore Romano“ erwiderte, dass das Interesse des Papstes an Kleidung nichts mit Mode, sondern mit der Liturgie und deren Symbolen zu tun habe. „Der Papst trägt deshalb nicht Prada, sondern Christus“, schrieb das Blatt.

Micaela Taron, APA

Link: