Pessach: Durchs Rote Meer in die Freiheit

Beim jüdischen Pessachfest, das heuer in der Nacht auf den 26. März beginnt, begeht das Volk Israel jedes Jahr den Auszug aus Ägypten neu. Das Fest ist von penibel geplanten Ritualen geprägt, eine zentrale Rolle spielt das ungesäuerte Brot, das an den raschen Aufbruch erinnert.

In der Nacht zum 26. März beginnt heuer das jüdische Pessach-Fest, und damit eines der wichtigsten jüdischen Feste überhaupt. Pessach (deutsch: „Überschreitung“) erinnert an den Auszug der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten und wird auch „Fest der ungesäuerten Brote“ genannt. Die Feiern – acht Tage in der Diaspora, sieben in Israel – beginnen am 15. Tag des Monats Nissan im jüdischen Kalender.

An Pessach darf nichts Gesäuertes – Getreideprodukte, die einen Gärungsprozess durchgemacht haben – gegessen werden oder sich im Haus befinden. Bei einem Familienmahl mit besonderem Pessach-Geschirr gelten strenge Regeln, unter anderem gibt es Knochen mit etwas Lammfleisch als Erinnerung an das Opferlamm, „bittere Kräuter“ (Kren oder Kopfsalat) und ungesäuerte Brote.

Zwei betende jüdische Männer an der Klagemauer in Jerusalem

REUTERS/Ronen Zvulun

Die Westmauer - besser bekannt als Klagemauer - in Jerusalem erlebt während des Pessachfests einen großen Ansturm von Gläubigen

Geeintes Volk durch Befreiung aus der Sklaverei

Laut der biblischen Überlieferung führte Gott die Israeliten in der Nacht vom 14. zum 15. Nissan vom Tod zum Leben, von der Sklaverei in die Freiheit. Nach jüdischem Verständnis war das Volk Israel in Ägypten noch eine unbedeutende, gestaltlose Menschenmasse. Durch die Befreiung aus der Sklaverei des Pharaos wurde es erst zu einem wirklichen Volk.

Der Zug durch das Rote Meer gilt als der eigentliche Akt der Befreiung: In den Fluten versinkt das alte Dasein als Sklaven, aus ihr geht ein Volk befreiter Menschen hervor. Der hastige Aufbruch und die Wüstenwanderung ins Gelobte Land sind für die Juden aber nicht bloß Vergangenheit: Dieses Ereignis soll jeder Jude so nachvollziehen, als hätte er es selbst erlebt. Das ungesäuerte Brot, das im Pessachmahl gegessen wird, erinnert noch heute an den hastigen Aufbruch. Denn zum Durchsäuern des Brotes blieb damals keine Zeit mehr.

Vor dem Pessachfest wird das Haus von allem Sauerteig gereinigt: Dadurch soll deutlich werden, dass alles, was im Leben zur Gewohnheit geworden ist, entfernt wird. Krümel von gesäuerten Lebensmitteln werden oft feierlich verbrannt. Die Gläubigen nehmen ganz bewusst ein Bad und kleiden sich in neue weiße Gewänder. Zu Beginn der Frühlingsvollmond-Nacht, in der Nacht zum 15. Nissan, finden sich alle im Haus zusammen, bereit zum Aufbruch in die von Gott geschenkte Freiheit.

Ein orthodoxer Jude in Israel beim Backen des ungesäuerten Brots für das Pessach-Fest

REUTERS/ Nir Elias

Das ungesäuerte Fladenbrot (Mazzoth) erinnert während des Pessachfests an den raschen Aufbruch des Volks Israel aus der Sklaverei in Ägypten

Zeichen der Sklaverei am Teller

Auf einem Teller liegen die Zeichen der Sklaverei: Das Salzwasser als Zeichen der Tränen, Kren oder Kopfsalat für die erlebte Bitternis (Maror), die herbe Frucht der Erde (Karpas), zu der die Israeliten herabgedrückt waren, und der lehmfarbene, weingetränkte Nussbrei (Charosseth) für die Ziegel, die die Israeliten in Ägypten herstellen mussten. Daneben liegen auf dem Teller die Zeichen der Errettung zu neuem Leben: Ein kleiner Knochen des Lammes, durch dessen Opferung der „Todesengel“ die Erstgeborenen unter den Israeliten verschonte, und das Ei, das Zeichen des ewigen Lebens.

In einer Tasche liegen außerdem drei ungesäuerte Brote (Mazzoth), die den dreigliedrigen „Leib“ ganz Israels (Kohen, Lewi, Israel) verkörpern. Dazu gehört auch der Wein für den Kelch des Heiles, von dem in der Nacht des Festes viermal getrunken wird. Er ist Sinnbild für die stufenweise Errettung Israels. Ein besonderer Weinkelch steht bereit für den Propheten Elija, den Vorboten des Messias.

Essen nach festgelegter Ordnung

Nach Entzünden der Lichter und Heiligung der Versammlung (Kiddusch) versetzen sich alle Anwesenden noch einmal zurück in den Zustand des Sklaventums, um den Auszug in die Freiheit in der Feier des Pessachmahles zu durchleben. Das jüngste der anwesenden Kinder fragt, was diese Nacht von allen anderen Nächten unterscheide. Der Hausvater antwortet: „Sklaven waren wir einst dem Pharao in Ägypten, da führte uns der Ewige, unser Gott, von dort heraus mit starker Hand und ausgestrecktem Arm.“

Die Befreiungsgeschichte wird also so erzählt, dass sowohl das kleine Kind als auch der Gelehrte die Errettung nacherleben kann. Zugleich werden in festgelegter Ordnung (Seder) die genannten Speisen gegessen. Danach folgt die Festmahlzeit, die mit dem Tischgebet und Lobpreisungen abgeschlossen wird.

Ursprung des christlichen Osterfests

Auch für das Christentum hat das Pessachfest eine gewisse Relevanz: Das christliche Osterfest hat sich nämlich aus der Tradition des jüdischen Pessachfestes entwickelt. Erlösung ist hier wie dort der Inhalt des Festes.

Die Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft wurde in der christlichen Deutung zu einem Bild der Erlösung von Sünde und Tod. Denn die Überwindung des Todes und der Sünde durch Jesus feiern die Christen zu Ostern. So wird schon bei den Kirchenvätern die „Auszugsgeschichte“ allegorisch auf die Befreiung des Menschen durch den Tod und die Auferstehung Jesu gedeutet.

religion.ORF.at/dpa

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