Oberster Exorzist: „Papst führte Exorzismus durch“

Der oberste Exorzist des Vatikans, Gabriele Amorth, hat in einem Radiointerview angegeben, dass Papst Franziskus am Pfingstsonntag öffentlich einen Exorzismus durchgeführt habe. Der Vatikan dementierte das.

Amorth wurde - wie der Blog Vatican Insider der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ berichtete - bereits am Tag des angeblichen Exorzismus in der italienischen Radioshow „Un Giorno da Pecora“ zu dem Thema interviewt. „Das war ein echter Exorzismus“, sagte Amorth, wenn das Pressebüro des Vatikans etwas anderes behaupte, habe es „eindeutig keine Ahnung“. Was der Papst getan habe, „ist als Exorzismus einzustufen, weil ein Exorzismus auch durch Handauflegen und Gebet durchgeführt werden kann, ohne auf einen geschriebenen Exorzismus zurückzugreifen“, so Amorth.

Ein Buch mit dem Titel "Ritual für den Exorzismus und Gebete für besondere Umstände" (italienisch) liegt auf einem Tisch. Daneben macht sich jemand Notizen.

Reuters/Alessia Pierdomenico

Exorzismen seien nicht auf niedergeschriebene Regeln und Gebete beschränkt, meint der vatikanische Oberexorzist Gabriele Amorth

Zwei Tage nach dem Pfingstgottesdienst auf dem Petersplatz hatte der TV-Sender der italienischen Bischofskonferenz, TV 2000, Kameraaufnahmen von einem Zusammentreffen des Papstes mit einem Gläubigen aus Mexiko veröffentlicht. Die Bilder zeigen, wie der Papst dem jungen Mann die Hände auflegt, woraufhin dieser zu zucken und nach Luft zu schnappen beginnt. Exorzisten hätten diesen Akt eindeutig als Exorzismus erkannt, so der Sender. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi hatte umgehend dementiert - mehr dazu in TV-Bericht: Papst soll Exorzismus durchgeführt haben.

Exorzismus nicht auf Regeln beschränkt

Amorth nimmt in seinem Radiointerview einen völlig anderen Standpunkt ein: „Ein Exorzismus ist nicht auf ein Set von rituellen Regeln und niedergeschriebenen Gebeten beschränkt, die ausschließlich in Exorzismusfällen verwendet werden.“ Auch frei gesprochene Befreiungsgebete könne man durchaus als Exorzismen einstufen. Weiters berichtet Amorth im Interview, der betroffene Kranke aus Mexiko sei nach dem Zusammentreffen mit Papst Franziskus auch zu ihm gekommen. Er selbst habe anschließend einen langen Exorzismus durchgeführt. Der Gläubige sei von vier Dämonen besessen gewesen.

Amorth will auch den Grund für die angebliche Besessenheit des Mexikaners kennen: Sie sei die Rache dafür, dass die Bischöfe des Landes nicht ausreichend gegen das dortige Abtreibungsgesetz protestiert hätten. „Diese Person wird nur befreit werden, wenn die mexikanischen Bischöfe Buße dafür tun, dass sie nicht interveniert haben.“

Der Chef des Fernsehsenders, der ursprünglich die Bilder des vermeintlichen Exorzismus veröffentlicht hatte, Dino Boffo, entschuldigte sich im Nachhinein jedenfalls bei Papst Franziskus. „Der Papst hat dem jungen Mann für einige Momente seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lassen und ihm einen speziellen Segen erteilt. Es war aber kein Exorzismus“, sagte Boffo in einem Livekommentar auf seinem Sender. „Ich möchte mich besonders beim Heiligen Vater entschuldigen. Es war nicht unsere Intention, dem Papst einen Akt zuzuschreiben, den er gar nicht durchführen wollte.“

Michael Weiß, religion.ORF.at

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