Australien: Kardinal Pell bestätigt Vertuschung

Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und derzeitige Erzbischof von Sydney, Kardinal George Pell, hat bestätigt, dass unter seinem Vorgänger in Melbourne Missbrauchsfälle vertuscht wurden.

Kardinal George Pell hat Fehler beim Umgang mit Missbrauchsfällen in der australischen Erzdiözese Melbourne eingestanden. Mitglieder der Kirche hätten Fälle vertuscht und Beweismittel vernichtet, bestätigte der zu den Papstberatern zählende Erzbischof von Sydney am Montag vor dem Ausschuss des Regionalparlaments zur Aufklärung des Umgangs der Erzdiözese Melbourne mit sexuellen Missbrauchsfällen.

Gleichzeitig bekundete Pell den Opfern sein Bedauern für das erlittene Leid und bat um Verzeihung. „Ich bedaure das voll und ganz und entschuldige mich dafür“, zitiert die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA Aussagen Pells vom Montag gegenüber dem Sender „ABC“.

Kritik an Vorgänger Little

Pell verteidigte ansonsten die Vorgehensweise, die er als Erzbischof von Melbourne zusammen mit seinem späteren Nachfolger Erzbischof Denis Hart im Umgang mit Missbrauchsfällen entwickelt habe. „Viele Menschen denken nicht nur, dass vor Jahren unzählige Fehler gemacht wurden, sondern auch, dass es in den vergangenen 20 Jahren keine Fortschritte gegeben hat“, beklagte Pell. Dieser Vorwurf lasse sich nicht erhärten.

Als Fehler bezeichnete Pell den Umgang seines Vorgängers in Melbourne, Erzbischof Frank Little, mit Missbrauchsfällen. Little habe aus Furcht vor einem Skandal in mindestens einem Fall sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch einen Priester vertuscht. Little habe zudem in der Diözesanleitung mit niemandem über konkrete Missbrauchsvorwürfe gegen Priester gesprochen und auch keine Akten angelegt.

Ausmaß unterschätzt

Die Kirche habe damals noch nicht das Ausmaß des psychischen und spirituellen Leids der Opfer verstanden, sagte Pell, der 1996 die Nachfolge von Little als Erzbischof von Melbourne angetreten hatte. Der heutige Erzbischof von Sydney gab auch zu Protokoll, der ehemalige Bischof von Ballarat, Ronald Mulkearns, habe zum Schutz von Priestern Beweismittel vernichtet.

Das Parlament des australischen Bundesstaates Victoria hatte im vergangenen Jahr den Untersuchungsausschuss eingesetzt, nachdem Polizei und Missbrauchsopfer schwere Vorwürfe gegen die Erzdiözese Melbourne erhoben hatten. So soll die Kirchenleitung die Zusammenarbeit mit der Polizei verweigert haben und Missbrauchsfälle sowie eine Reihe von Selbstmorden von Missbrauchsopfern vertuscht haben.

Im Vorfeld von Pells Anhörung am Montag hatte die Politik ihn zu Offenheit und Ehrlichkeit aufgerufen. „Es ist an der Zeit, dass George Pell im Namen der Katholischen Kirche nicht nur gegenüber dem Ausschuss, sondern gegenüber dem Volk von Victoria und Australien offen und ehrlich ist“, so der Premierminister des Bundesstaats Victoria, Denis Naphtine.

Von 1996 bis 2001 in Melbourne

Kardinal Pell war vor seiner Berufung zum Erzbischof von Sydney von 1996 bis 2001 Erzbischof von Melbourne. Er gilt als einer der Wegbereiter von Standards der katholischen Kirche Australiens in der Handhabung von Missbrauchsfällen. Gleichzeitig steht er aber auch in dem Ruf, den Missbrauchsskandal nicht ausreichend ernst zu nehmen.

Bei einer Pressekonferenz in Sydney im vergangenen November hatte Pell den Medien vorgeworfen, das Ausmaß des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester und Kirchenmitarbeiter zu übertreiben. Die Kirche sei einer „Schmierenkampagne“ ausgesetzt, mit der der Eindruck geweckt werden solle, „dass wir vertuschen“, klagte Pell seinerzeit.

Vor einer Woche hatte Melbournes Erzbischof Denis Hart vor dem Ausschuss „Geheimniskrämerei und Vertuschung“ der Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt. Die Kirche habe zu lange gebraucht, um zu verstehen, was „eigentlich vor sich ging“, so Hart - mehr dazu in Australien: Bischof räumt Missbrauchsvertuschung ein.

religion.ORF.at, KAP