80 Jahre Konkordat: Vertrag mit Breitenwirkung

Vor 80 Jahren haben die österreichische Bundesregierung und der Vatikan das Konkordat unterzeichnet. Für manche ist es ein Relikt aus der Zeit des Austrofaschismus - für andere der Garant für die Religionsfreiheit.

Zuletzt in der Öffentlichkeit präsent war das Konkordat im Zuge des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien im April 2013. Nun jährt sich dessen Unterzeichnung zum 80. Mal. Am 5. Juni 1933 unterzeichneten die Österreichische Bundesregierung und der „Heilige Stuhl“ unter Papst Pius XI. das im Wesentlichen bis heute geltende Konkordat.

Originaldokument des Konkordats

ORF

Originaldokument des Konkordats

Mit dem Vertrag wird der römisch-katholischen Kirche in Österreich eine öffentlich-rechtliche Stellung zuerkannt. Garantiert sind die „freie Ausübung ihrer geistlichen Macht und die freie und öffentliche Ausübung des Kultus“, sowie das Recht „im Rahmen ihrer Zuständigkeit Gesetze, Dekrete und Anordnungen zu erlassen“. Dieser völkerrechtliche Vertrag wirkt aber auch auf die anderen anerkannten Religionsgemeinschaften.

Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts

Festgelegt ist unter anderem das Recht des „Heiligen Stuhls“ zur Bischofsauswahl, wobei die Bundesregierung der gewählten Person zustimmen muss, beziehungsweise kann sie „Gründe allgemein politischer Natur gegen die Ernennung“ geltend machen. Auch die katholisch-theologischen Fakultäten samt kirchlicher Personalauswahl sowie der Religionsunterricht an den Schulen sind im Konkordat geregelt und obliegen der Kirche.

Finanziert werden die katholischen Bildungseinrichtungen allerdings vom Staat, was einen der Kritikpunkte der Initiatoren des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien darstellt. Ernennungen oder Zulassungen von Professoren und Dozenten an katholisch-theologischen Fakultäten können nur mit Zustimmung der Kirche erfolgen.

Weiters geht es im Konkordat um die Seelsorge in Anstalten und Krankenhäusern, die Militärseelsorge, kirchliches Vermögensrecht und die geistliche Amtsverschwiegenheit. Später kam es zu Ergänzungen. So wurde 1962 der Schulvertrag abgeschlossen, der den konfessionellen Religionsunterricht, das kirchliche Privatschulwesen und die Frage des Kreuzes im Klassenzimmer behandelt.

„Geburtsfehler“

Problematisch am Konkordat sei seine Entstehungsgeschichte, meint Richard Potz, Professor für Recht und Religion an der Universität Wien, es leide daher an einem „Geburtsfehler“. Inhaltlich sei es aber unauffällig. Einzelne Punkte des Konkordats hätten in einfachen Gesetzen Niederschlag gefunden, etwa im Privatschulgesetz oder dem Religionsunterrichtsgesetz.

Verfassungsrang habe das Konkordat aber nicht, betont Potz und korrigiert damit einen „weit verbreiteten Irrtum“. 1934 wurden zwar einige Paragraphen in Verfassungsrang erhoben, was mit dem so genannten „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938 aber hinfällig wurde, da der österreichische Staat nicht mehr existierte.

Originaldokument des Konkordats

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Die Unterschriften und Siegel der Unterzeichner: Für den Vatikan der Kardinalstaatssekretär und spätere Papst Pius XII. Eugenio Pacelli, und für Österreich der damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß der mit dem Unterrichtsressort betrauten Justitzminister Kurt Schuschnigg

Inhaltlich wurde das Konkordat bereits 1931 ausverhandelt und 1933 unterzeichnet. In Kraft trat die völkerrechtliche Vereinbarung aber erst am 1. Mai 1934 - gleichzeitig mit der autoritären Ständestaat-Verfassung. Nach dem Ende des NS-Regimes 1945 dauerte es wegen Vorbehalten der SPÖ zwölf Jahre, bis die Bundesregierung den Vertrag grundsätzlich wieder anerkannte. Mit einigen Änderungen - etwa im Eherecht - gilt der Vertrag, wie andere Konkordate aus dieser Zeit auch, bis heute. Seit 1938 gilt in Österreich das zivile Eherecht mit der Möglichkeit zur Ehescheidung - auch für katholische Paare. Kirchliche Trauungen haben keine Rechtswirksamkeit mehr.

Maßgebend für andere Religionsgemeinschaften

Neben den umfassenden Regelungen über die römisch-katholische Kirche in Österreich wirke das Konkordat aber auch indirekt auf die anderen in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften, so Rechtsexperte Potz. Da das Konkordat völkerrechtlich verbindlich sei und der Gleichheitsgrundsatz gelte, würden andere Religionsgemeinschaften davon profitieren - etwa was die Anzahl der Religionsunterrichtsstunden betreffe, so Potz im Gespräch mit religion.ORF.at.

Eine einzigartige Stellung verschaffe das Konkordat der römisch-katholischen Kirche nicht, schließlich gebe es auch mit anderen Religionsgemeinschaften Verhandlungen, die in staatliche Gesetze münden, erinnert Potz. Als Beispiele nennt er das Protestantengesetz, das Orthodoxengesetz, das orientalisch-orthodoxe Kirchengesetz, das Israelitengesetz und das Islamgesetz. Diese Gesetze kämen im Grunde genauso zustande, wie ein Konkordat: der Staat handle mit einer Religionsgemeinschaft Vereinbarungen aus, zu denen dann Gesetze erlassen würden, erklärt Potz.

religion.ORF.at/APA

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