Vatikan verfolgt Proteste in Brasilien „aufmerksam“

Aufmerksam beobachtet der Vatikan die Entwicklungen in Brasilien - im Juli soll der Weltjugendtag der katholischen Kirche in Rio stattfinden. Die Veranstaltung sei nicht gefährdet, sagte der Erzbischof von Rio.

Der Vatikan beobachte die Proteste in Brasilien „aufmerksam“, sagte dessen stellvertretender Sprecher Ciro Benedettini am Samstag vor Journalisten. Zu möglichen Auswirkungen auf den bevorstehenden Papstbesuch und den Weltjugendtag (WJT) in Rio de Janeiro äußerte er sich nicht.

Der Erzbischof von Rio, Orani Tempesta, hatte am Donnerstag Spekulationen zurückgewiesen, die Massenproteste könnten den WJT gefährden. Franziskus wird am 22. Juli zu einem einwöchigen Besuch in Brasilien erwartet. Anlass seiner ersten Auslandsreise ist der 28. Weltjugendtag in Rio de Janeiro vom 23. bis zum 28. Juli.

„Die Menschen wollen gehört werden“

Die katholische französische Zeitung „La Croix“ kommentiert am Montag die Massenproteste in Brasilien folgendermaßen: „Mit ihren Demonstrationen zeigen die Brasilianer, dass sie gehört werden wollen. Wie in der Türkei in den letzten Wochen und wie regelmäßig in China oder Indien, empören sich die Bürger über soziale Veränderungen und Bauvorhaben, die ihnen von den Behörden ohne ausreichende Mitsprache aufgezwungen werden. Sie vermuten, dass die undurchsichtigen Entscheidungen der Politiker nur einem kleinen Kreis nützen“.

Mehrere Bischöfe hätten die Politiker aufgefordert, „die Stimmen der Straße“ anzuhören, so die Zeitung. Dies sei nicht nur eine soziale oder wirtschaftliche Herausforderung, es gehe auch darum, abgesehen von Wahlterminen neue demokratische Verfahren auszuprobieren, so der Kommentar.

Zugeständnisse seitens der Politik

Staatschefin Dilma Rousseff, die 2014 vor Präsidentschaftswahlen steht, hat inzwischen den Demonstranten die Hand gereicht und erklärt, dass sie die Stimmen der Straße höre. Sie kündigte einen „großen Pakt“ an, mit dem unter anderem das öffentliche Nahverkehrssystem verbessert werden soll. Auch sollten mehr Einnahmen aus dem Ölgeschäft in Bildung investiert und Ärzte aus dem Ausland angeworben werden. Wörtlich sagte sie: „Die Stimme der Straße muss gehört und respektiert werden und darf nicht verwechselt werden mit dem Krach und der Grausamkeit einiger Rabauken.“

Christusstatue in Rio de Janeiro

REUTERS/Bruno Domingos

Das 30 Meter hohe Monument „Cristo Redentor“ - Christus der Erlöser in Rio de Janeiro

Proteste gehen weiter

Die Demonstranten ließen sich wenig von den Versprechen der Präsidentin beeindrucken. Ungeachtet aller Kompromissbereitschaft der Regierung gingen in den vergangenen Tagen weiter zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen Korruption und soziale Missstände zu protestieren. Allein in Belo Horizonte demonstrierten etwa 70.000 Menschen; wieder kam es zu heftigen Ausschreitungen zwischen Randalierern und Polizei. Es gab nach lokalen Medienberichten bis zu 27 Verletzte.

Die Kundgebungen fänden nur an „bestimmten Orten“ und unter polizeilicher Aufsicht statt, hatte der Erzbischof von Rio am Donnerstag gesagt. Dieser leitet das lokale WJT-Organisationskomitee. Sorge bereiteten ihm allerdings auch „einige Gruppen“, die sich unter die Demonstranten mischten, um Gewalt gegen Polizisten und öffentliche Einrichtungen zu verüben. Er habe von den staatlichen Behörden neue Garantien für die Sicherheit des Papstes und der Teilnehmer des Weltjugendtages gefordert, teilte Tempesta mit. Bislang will die brasilianische Regierung laut Medienberichten 9.000 Soldaten nach Rio entsenden.

Weltjugendtag: Vorerst keine Planänderung

Die Vorbereitungen für den Besuch von Papst Franziskus zum Weltjugendtag laufen jedenfalls weiter. Der Präsident der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB), Kardinal Raymundo Damasceno de Assis, machte klar, dass es keine Änderungen an dem Termin oder dem Ablauf der Veranstaltung gebe. Es wird mit mindestens zwei Millionen Pilgern gerechnet. Viele Großveranstaltungen des Weltjugendtages finden an der Copacabana statt. Die Abschlussmesse ist in Guaratiba im Westen Rios geplant.

„Wir wünschen uns, dass der Weltjugendtag ruhig verläuft und die Jugendlichen aus Teilen (der Welt) empfängt, und dass sie ohne Störungen am ganzen Programm teilnehmen können“, sagte Damanesco de Assis am Freitag nach einer CNBB-Sitzung. Im Hinblick auf die Proteste betonte er, dass der Staat das Demonstrationsrecht garantiere müsse. Nichts rechtfertige aber gewalttätige Ausschreitungen.

APA/KAP/dpa/AFP

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