Polen: Geheimdienst prüft Lobbying um Schächtverbot

Die umstrittene Entscheidung des polnischen Parlaments zum Verbot der Schächtung beschäftigt nun auch den Geheimdienst ABW. Jüdische Organisationen schließen eine Klage in Straßburg nicht aus.

Der Geheimdienst ABW (Agentur für Innere Sicherheit) gehe Hinweisen nach, wonach vor der Abstimmung Druck auf Abgeordnete ausgeübt worden sei, sagte Landwirtschaftsminister Stanislav Kalemba, ein Befürworter der Schächtung, im polnischen Radio. Am vergangenen Freitag hatte das Parlament ein Gesetz zur Zulassung der von Juden und Muslimen praktizierten rituellen Schlachtmethode abgelehnt.

„Intensivierte Kontakte“ vor Abstimmung

Kalemba verwies auf „intensivierte Kontakte“ von Lobbyisten mit Abgeordneten vor der Parlamentsabstimmung. Er habe sich bereits mit ABW-Chef Dariusz Luczak auf die Einleitung von Ermittlungen verständigt.

Der Minister kritisierte auch Medien, die wirtschaftliche Aspekte des Schächtungsverbots gering geschätzt hätten. Es gehe um einen Markt von einer Milliarde Zloty (235,35 Mio. Euro) in Polen. Durch das seit Jahresanfang infolge eines Höchstgerichtsurteils geltende Schächtungsverbot seien die Rindfleischexporte in islamische Länder um rund 60 Prozent gesunken. Davon profitieren laut Kalemba „EU-Großmächte“ wie zum Beispiel Frankreich.

Alle rechtlichen Mittel ausschöpfen

Unterdessen gingen die Bemühungen zur Aufhebung des Schächtungsverbots, das auf heftige Kritik jüdischer Organisationen getroffen war, weiter. Der Rabbiner Menachem Margolin äußerte sich „dankbar“ für die rasche Reaktion der polnischen Regierung und räumte ein, dass der Gesetzesbeschluss nicht antisemitisch bedingt gewesen sei. Allerdings betonte der Vorsitzende des Verbandes der Jüdischen Gemeinden in Polen, Piotr Kadlcik, dass alle rechtlichen Mittel bis hin zu einer Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ausgeschöpft werden, sollte die rituelle Schlachtmethode nicht wieder zugelassen werden.

Das Schächten, bei dem Tiere ohne Betäubung ausbluten, wird als Tierquälerei kritisiert. In Österreich ist das Schächten unter der Voraussetzung erlaubt, dass das Tier sofort nach dem Schnitt durch die Kehle betäubt wird. Gläubige Juden und Moslems sind angehalten, nur durch Schächtung gewonnenes Fleisch zu konsumieren.

APA

Mehr dazu: