Kritik an Festnahmen von „Servitenkloster-Flüchtlingen“

Nach Kardinal Christoph Schönborn haben auch die Caritas und muslimische Organisationen, sowie die ÖH die Festnahmen und geplanten Abschiebungen der Flüchtlinge aus dem Servitenkloster in Wien scharf kritisiert.

Die Caritas hat in einer Aussendung das Vorgehen der Behörden „aufs Schärfste“ kritisiert. Die Festnahmen und die geplanten Abschiebungen seien „äußerst bedenklich und menschlich fragwürdig“. „Wir sind zu tiefst besorgt, was die Zukunft dieser Menschen angeht“, so Caritas Wien-Generalsekretär Klaus Schwertner. Insbesondere teile man die Sorge der Flüchtlinge, „wonach die österreichischen Behörden die Gefahrenlage in Pakistan völlig falsch einschätzen“.

Reisewarnungen für Pakistan

Auffallend sei, dass das österreichische Außenministerium „ausdrücklich und detailliertest“ vor Reisen in das Land warne und eine partielle Reisewarnung ausspreche. Laut der Ministeriums-Webseite kommen „terroristische Anschläge, ausgeführt von fundamentalistischen Gruppen, wie den Taliban oder dem Terrornetzwerk Al-Qaida“, im ganzen Land vor, so die Caritas. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Außenministerium Gebiete für gefährlich erklärt und das Innenministerium gerade in diese Gebiete Menschen abschieben möchte“, heißt es in der Aussendung der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen.

Demonstration gegen die Verhaftung und Abschiebung der Servitenkloster-Flüchtlinge

APA/Hans Punz

Protestaktion gegen die Festnahme von zehn Flüchtlingen aus dem Wiener Servitenkloster vor dem Polizeianhaltezentrum in Wien

Die Pakistanische Kommission für Menschenrechte (HRCP) beurteilt in ihrem neuesten Bericht zur Menschenrechtslage die Lage im Land. Demnach würden Intoleranz und Menschenrechtsverstöße in Pakistan toleriert, berichtet der vatikanische Nachrichtendienst Fides. Der Bericht dokumentiert Fälle schwerer Menschenrechtsverstöße im Jahr 2012 und beleuchtet dabei insbesondere die Situation der religiösen Minderheiten. Es komme immer wieder zu Gewalt und Verfolgung ethnischer und religiöser Minderheiten, allerdings seien nur zaghafte Bemühungen festzustellen, die Schuldigen der Justiz zu übergeben, so der Bericht. 2012 kam es laut Fides zu insgesamt 213 sektiererischen Anschlägen, bei denen 583 Personen ermordet und 853 verletzt wurden.

Freiwillig nicht ausgereist

Im Innenministerium finde man hingegen „offenbar nichts daran, Flüchtlinge in das höchst instabile Land abzuschieben, noch dazu während des für gläubige Muslime so wichtigen Fastenmonats Ramadan“, so die Caritas. Den Betroffenen sei mehrmals die freiwillige Rückkehr angeboten worden, außerdem sei die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise mit Unterstützung durch Rückkehrprojekte in ihre Herkunftsländer vorgestellt worden, kontert Innenministerin Johanna Mikl Leitner.

Keiner der Betroffenen habe diese Möglichkeit in den vergangenen Wochen und Monaten genutzt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, "auch die Ermessensspielräume, die das Gesetz den Behörden einräumt, um möglichst schonend vorgehen zu können, sind ausgeschöpft“.

Die Caritas belegt durch einen Vergleich mit Deutschland, dass Pakistani in Österreich kaum Asyl erhalten: Während im Nachbarland die Schutzquote bei Pakistanis im Vorjahr 18,1 Prozent betrug und 2,4 Prozent davon zur Asylanerkennung führte, lag in Österreich im gleichen Zeitraum die Schutzquote nur bei einem Prozent bzw. 0,7 Prozent Asylanerkennungen.

Demonstration gegen die Verhaftung und Abschiebung der Servitenkloster-Flüchtlinge

APA/Hans Punz

Sonntag, 28.7.2013 vor dem Polizeianhaltezentrum in Wien

Unterschiedliche Maßstäbe

„Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Schutzbedürftigkeit eines Menschen von zwei EU-Staaten unterschiedlich eingeschätzt wird“, so Schwertner. „Deshalb bleiben wir auch dabei: Die Bundesregierung muss Abschiebungen in Länder überdenken, die sie für ihre eigenen Bürger als zu gefährlich erachtet. Es kann nicht sein, dass der Wert des Lebens von dessen Staatsbürgerschaft abhängt.“

Wie die Caritas hervorhebt, wäre es im Falle der Abschiebung der Pakistani zum ersten Mal, dass Flüchtlinge der Votivkirchen-Protestbewegung des Landes verwiesen werden. Die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen ortet ein Ungleichgewicht: „Europa und Österreich treten auf internationalem Parkett immer als Vorreiter in Sachen Menschenrechte und Humanität auf. Viele Menschen wundern sich zu Recht, dass diese hohen Maßstäbe bevorzugt theoretisch in Bezug auf Situationen außerhalb Europas angelegt werden, während die Standards in der Flüchtlingsfrage im eigenen Land alles andere als vorbildlich sind“.

Sanac „tief verletzt“

Die Festnahmen und geplanten Abschiebungen der Flüchtlinge hat auch bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) Empörung ausgelöst. Das Vorgehen habe „insbesondere in diesen langen und heißen Ramadan-Tagen tief verletzt“, meinte Präsident Fuat Sanac via Facebook. Die geplanten Abschiebungen sollten laut ihm nicht stattfinden, da ein humanitäres Bleiberecht möglich sei.

„Auch die Härte, die die Behörden gegenüber den Flüchtlingen an den Tag legen, erfüllt uns mit großer Sorge und großem Bedauern“, so Sanac weiter. Die Menschlichkeit dürfe nicht fremdenfeindlichen Ressentiments geopfert werden, „die insbesondere zu Wahlkampfzeiten geschürt werden könnten“. Die politische Situation in vielen Gegenden der Welt sei für alle eine Herausforderung, betonte der Muslime-Präsident. „Auch die sich daraus ergebenden Flüchtlingsströme.“

„Todesurteil“

Auch die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) zeigte sich „entsetzt“ über die Festnahmen. „Ich bin schockiert darüber, wie unmenschlich die österreichischen Behörden gegen Menschen vorgehen, die aus ihrem Heimatland geflüchtet sind“, meinte Julia Freidl vom Vorsitzteam in einer Aussendung. Wolfgang Moitzi, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend (SJ), sieht in der geplanten Abschiebung das „Todesurteil“ für die Betroffenen.

religion.ORF.at/KAP/APA

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